Alle 12 Minuten werden in Deutschland rund 107 neue Arbeitsverträge abgeschlossen.* Klingt beeindruckend! Noch beeindruckender ist der bürokratische Aufwand, der mit jeder Neueinstellung verbunden ist. Während wir im Supermarkt mit Smartwatches bezahlen und bequem ein Bankkonto von zuhause aus eröffnen, müssen Arbeitsverträge, Anträge auf Elternzeit und Beförderungen nach wie vor ausgedruckt, händisch unterschrieben und per Post verschickt werden. Der Grund hierfür liegt in gesetzlichen Vorgaben. Hier setzt das Bürokratieentlastungsgesetz IV (BEG IV) an, das am 1. Januar 2025 in Kraft tritt und zu einer Erleichterung der Prozesse führen soll. Wir werfen einen Blick darauf, welche Prozesse künftig digitalisiert werden können und welche nach wie vor eine originale Unterschrift erfordern, und beantworten Ihre häufigsten Fragen.
Digitaler Arbeitsvertrag
Hey Littler, wir sind ein aufstrebendes Start-Up und möchten eine neue Mitarbeiterin unbefristet einstellen, die sich aktuell im Ausland befindet. Müssen wir den Arbeitsvertrag wirklich ausdrucken und per Post verschicken?
Nein, das geht in Zukunft digital.
Aktuelle Rechtslage
Der Arbeitsvertrag kann schon heute per E-Mail oder mündlich abgeschlossen werden. Allerdings muss der Arbeitgeber nach dem Nachweisgesetz die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich festhalten und dem Arbeitnehmer in Papierform aushändigen.
Ab 2025
Arbeitsverträge können digital erstellt und per E-Mail verschickt werden. Der Arbeitgeber muss lediglich einen Empfangsnachweis anfordern. Ein gesonderter Hinweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in Schriftform ist nicht mehr erforderlich. Die Mitarbeiter können aber weiterhin einen schriftlichen Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen verlangen.
Ausnahme
Branchen gemäß § 2a Abs. 1 SchwarzArbG, wie Baugewerbe und Gastronomie, bleiben weiterhin schriftformpflichtig.
Befristungen nach § 14 TzBfG erfordern weiterhin Schriftform
Hey Littler, wir sind ein bundesweit tätiges Einzelhandelsunternehmen. In einem unserer Stores möchten wir für ein Jahr eine Elternzeitvertretung einstellen. Ist das in Zukunft digital möglich?
Nein, für eine wirksame Befristung von Arbeitsverträgen müssen diese auch in Zukunft schriftlich abgeschlossen werden.
Aktuelle Rechtslage
Befristungen nach § 14 TzBfG sind nur schriftlich oder per qualifizierter elektronischer Signatur wirksam. Ein Verstoß hiergegen führt zur Unwirksamkeit der Befristung, also einem unbefristeten Arbeitsverhältnis.
Ab 2025
Trotz Erleichterungen durch das BEG IV bleibt für alle Befristungen von Arbeitsverträgen nach § 14 TzBfG – ob ohne oder mit Sachgrund, wie bei Elternzeitvertretungen – die Schriftform gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG erforderlich.
Befristung auf die Regelaltersgrenze nun in Textform
Hey Littler, wir sind ein mittelständisches Unternehmen und unsere Arbeitsverträge enthalten eine Altersgrenzenregelung. Gilt dies als Befristung und dürfen wir den Vertrag daher künftig nicht digital abschließen?
Doch, für die Altersgrenzenvereinbarung ist künftig ausdrücklich die Textform ausreichend.
Aktuelle Rechtslage
Die Altersgrenzenregelung ist eine Befristung. Der Arbeitgeber muss die Befristung schriftlich vereinbaren oder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen, was oft umständlich war.
Ab 2025
Die Textform genügt, somit kann der Arbeitsvertrag digital abgeschlossen werden.
Arbeitszeugnissen in elektronischer Form
Hey Littler, ein Mitarbeiter zieht ins Ausland und möchte ein Zeugnis per E-Mail. Ist das möglich?
Ja, mit Einwilligung des Mitarbeiters und qualifizierter Signatur.
Aktuelle Rechtslage
Zeugnisse müssen schriftlich erteilt werden.
Ab 2025
Arbeitgeber können Arbeitszeugnisse elektronisch mit Einwilligung des Arbeitnehmers erteilen, müssen diese jedoch qualifiziert elektronisch signieren. Ein Scan mit eingescannter Unterschrift reicht nicht aus. Allerdings werden Arbeitszeugnisse oft rückwirkend ausgestellt. Um Nachteile durch das erkennbare Ausstellungsdatum zu vermeiden, ist ein gedrucktes Zeugnis in vielen Fällen weiterhin praktischer.
Geltendmachung von Elternzeit
Hey Littler, ein Arbeitnehmer plant, in den kommenden Monaten Elternzeit zu nehmen. Geht das in der Zukunft per E-Mail?
Ja, das geht und vereinfacht die HR Prozesse.
Aktuelle Rechtslage
Der Antrag muss schriftlich eingereicht werden; ein Antrag per E-Mail ist nicht rechtsgültig. Fehlt der Arbeitnehmer nach einem nur digital gestellten Elternzeitantrag, kann dies als unentschuldigtes Fehlen gelten, ohne Anspruch auf den besonderen Kündigungsschutz nach § 18 BEEG. Auch der Teilzeitantrag während der Elternzeit erfordert Schriftform.
Ab 2025
Ab 2025 können Arbeitnehmer ihren Anspruch auf Elternzeit und Teilzeit während der Elternzeit in Textform geltend machen, z. B. per E-Mail. Arbeitgeber sollten daher sicherstellen, dass solche Anträge in ihren internen Prozessen zeitgerecht von HR-Mitarbeitern bearbeitet werden, um die gesetzliche Fiktionswirkungen zu vermeiden. Auch Arbeitgeber können Teilzeitbegehren während der Elternzeit künftig in Textform ablehnen, ohne die bisher erforderliche Schriftform.
Aufgespaltene Arbeitsprozesse vermeiden
Hey Littler, wir stellen jeden Monat zahlreiche neue Mitarbeiter ein, sowohl befristet als auch unbefristet. Ist es möglich, künftig alle Arbeitsverträge digital abzuschließen, oder sollten wir alles beim Alten lassen?
Auf diese Frage gibt es keine universelle Antwort.
Da befristete Arbeitsverträge weiterhin schriftlich abgeschlossen werden müssen, kann es sinnvoll sein, bestehende Prozesse beizubehalten, um eine einheitliche und rechtssichere Personalverwaltung zu gewährleisten. Arbeitgeber sollten zudem alternative Vereinfachungen wie die Bevollmächtigung von HR-Mitarbeitern zum Vertragsabschluss in Betracht ziehen, um den administrativen Aufwand zu reduzieren.
*Die in der Einleitung genannte Zahl von 107 Arbeitsverträgen basiert auf 4,7 Millionen sozialversicherungspflichtigen Neueinstellungen im Jahr 2023 (Forschungsdatenzentrum der Bundesagentur für Arbeit, Befristungen bei Neueinstellungen 2023, 10. Mai 2024). Die tatsächliche Anzahl, einschließlich Änderungsvereinbarungen, dürfte deutlich höher sein.
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