Sechs Millionen Arbeitnehmer befanden sich im Frühjahr 2020 in Kurzarbeit. 45,5 Milliarden Euro hat der deutsche Staat in den Jahren 2020 bis 2022 für Kurzarbeitergeld ausgegeben. Diese Zahlen sprechen für sich: Das Kurzarbeitergeld (KUG) ist ein bewährtes Instrument, um Arbeitnehmer in konjunkturell schwierigen Zeiten im Unternehmen zu halten. Nun hat Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales, angekündigt, dass der erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld nicht verlängert wird.
›Beschäftigte müssen wieder, wie vor der Krise, negative Arbeitszeitsalden aufbauen, bevor Kurzarbeit greift – wenn diese Art der Arbeitszeitflexibilisierung in ihrem Betrieb üblich ist. Außerdem muss künftig wieder mindestens ein Drittel der Beschäftigten in einem Betrieb von Kurzarbeit betroffen sein, bisher waren es zehn Prozent.‹
Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales, 13.05.2023 in der Rheinischen Post
Rahmenbedingungen für Kurzarbeitergeld ab dem 01. Juli 2023
Die im Zusammenhang mit der Corona Pandemie eingeführten vereinfachten Krisenregelungen laufen Ende Juni 2023 aus. Für den Zugang zur Kurzarbeit gelten dann ab Juli 2023 wieder die regulären gesetzlichen Bestimmungen. Die wichtigsten Fragen und Antworten rund um die neuen (alten) Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld:
In welchen Fällen kommt Kurzarbeitergeld überhaupt in Betracht?
Die allgemeinen Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld gelten unverändert und sind in § 95 ff. SGB III geregelt. Kernvoraussetzung ist ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall. Das bedeutet:
Es müssen ein ›unabwendbares Ereignis‹ (z. B. behördlich veranlasste Maßnahmen, außergewöhnliche Witterungsverhältnisse, Unglücksfall) oder wirtschaftliche Ursachen (z. B. Auftragsmangel, - stornierung, fehlendes Material) vorliegen.
Hierunter fallen nicht gestiegene Energiepreise. Steigende Betriebskosten stellen kein unabwendbares Ereignis im Sinne des Kurzarbeitergeldes dar, da es sich hierbei um ein übliches, allgemeines Marktrisiko handelt.
Der Arbeitsausfall muss vorübergehend und unvermeidbar sein. Unvermeidbar bedeutet, dass der Ausfall nicht auf branchenüblichen, betriebsüblichen oder saisonbedingten Gründen beruhen darf. Die Versetzung von Arbeitnehmern in einen anderen Bereich/eine andere Abteilung muss geprüft werden (ggf. temporäre Umsetzung). Wirtschaftlich zumutbare Gegenmaßnahmen müssen zuvor getroffen worden sein (z. B. Arbeiten auf Lager, Aufräum- oder Instandsetzungsarbeiten).
Wie viele Arbeitnehmer müssen mindestens von dem Arbeitsausfall betroffen sein?
Kurzarbeitergeld kann nur noch gezahlt werden, wenn mindestens 30 Prozent statt wie in den letzten Jahren zehn Prozent der Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall betroffen sind.
Kann Kurzarbeit lediglich für das gesamte Unternehmen eingeführt werden?
Nein, Kurzarbeit kann auch für einzelne Bereiche, Abteilungen oder unterschiedliche Arbeitnehmergruppen (sofern eine sachliche Rechtfertigung für die Unterscheidungen vorliegt) eingeführt werden.
Erstreckt sich die Einführung von Kurzarbeit nicht auf das gesamte Unternehmen, entscheidet der Arbeitgeber im Rahmen seines Weisungsrechts, welchem Arbeitnehmer er Arbeit zuweist oder bei welchem er auf die Zuweisung verzichtet.
Wie lange kann Kurzarbeitergeld bezogen werden?
Die maximale Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes beträgt 12 Monate.
Kann die Bezugsdauer von Kurzarbeitergeld unterbrochen werden?
Ja, die maximale Bezugsdauer von 12 Monaten kann unterbrochen werden. Arbeitgeber können so Arbeitnehmer vorübergehend wieder voll beschäftigen, beispielsweise um einen neuen Auftrag zu bearbeiten. Ist anschließend wieder die Anordnung von Kurzarbeit erforderlich, kann Kurzarbeitergeld wiederum bezogen werden, wenn die Voraussetzungen (wieder) vorliegen.
Wird die Kurzarbeit allerdings für drei Monate oder länger unterbrochen, ist eine erneute Anzeige bei der Bundesagentur für Arbeit notwendig.
Ist der vorherige Aufbau von negativem Zeitguthaben erforderlich?
Ja, wenn im Unternehmen eine Regelung besteht, die den Aufbau von Minusstunden im Rahmen eines Arbeitszeitkontos zulässt.
Ist der vorherige Abbau von Überstunden / positivem Zeitguthaben erforderlich?
Ja, der vorherige Abbau von Überstunden / positivem Zeitguthaben ist grundsätzlich erforderlich.
Etwas anderes kann bei Langzeitkonten gelten, z.B. wenn das Zeitguthaben länger als ein Jahr unverändert bestanden hat oder das Arbeitszeitguthaben den Umfang von zehn Prozent der Jahresarbeitszeit übersteigt.
Muss Urlaub aus dem laufenden Kalenderjahr abgebaut werden, bevor Kurzarbeitergeld beantragt wird?
Urlaub aus dem laufenden Kalenderjahr muss grundsätzlich vor der Antragstellung nur genommen werden, wenn keine Urlaubsplanung besteht. Besteht hingegen bereits eine Urlaubsplanung (z.B. durch Urlaubsplan), ist dies nicht erforderlich.
Sind Leiharbeitnehmer bezugsfähig?
Nein, Leiharbeitnehmer sind nicht bezugsfähig.
Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld?
Die Arbeitnehmer erhalten 60 % ihres pauschalierten Nettolohns. Arbeitnehmer mit mindestens einem Kind erhalten 67 %.
Kann der Arbeitgeber einseitig Kurzarbeit einführen?
Nein, Kurzarbeit kann nur aufgrund einer arbeitsrechtlichen Grundlage eingeführt werden. Dies kann eine gesetzliche Norm (§ 19 KSchG) sein, ein Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder eine Regelung im Arbeitsvertrag.
Muss oder sollte die Einführung von Kurzarbeitergeld betriebsbedingten Kündigungen vorgezogen werden?
Eine rechtliche Verpflichtung, zunächst Kurzarbeitergeld einzuführen, bevor betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden, gibt es nicht. Eine arbeitsgerichtliche Prüfung, ob die betriebsbedingte Kündigung durch die Anordnung von Kurzarbeit hätte vermieden werden können, findet nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht statt.
Empfehlenswert ist die Einführung von Kurzarbeitergeld immer dann, wenn es sich um eine „harte Zeit“ handelt und nicht um eine ›Dauerbaustelle‹. Dabei können Arbeitgeber die eingeführte Kurzarbeit auch für die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter nutzen. Noch bis Ende Juli 2023 werden die Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge und unter bestimmten Voraussetzungen auch die Lehrgangskosten erstattet.
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