Im ersten Teil unseres Beitrags zur Vergütung mit Kryptowährung haben wir Ihnen bereits die allgemeinen und arbeitsrechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit diesen Vergütungsformen nähergebracht. Der zweite Teil des Beitrages befasst sich nun mit den Fragen, die sich im Hinblick auf das Steuerrecht stellen. Diese Veröffentlichung erfolgt in Kooperation mit dem Steuerberater Arne Keller von der ba-Group.
Zählt Kryptowährung als Geld?
Die steuerrechtliche Handhabung ist noch nicht vollständig geregelt, obwohl es immer mehr Verwaltungsanweisungen und Literatur zu dem Themenfeld gibt. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) behandelt Kryptowährung als sogenannte Rechnungseinheit, vergleichbar mit Devisen. Kryptowährung ist demnach keine Fremdwährung, kein gesetzliches Zahlungsmittel oder Eigentum. In den Grundzügen ist die Kryptowährung eher mit der Gewährung von Aktien zu vergleichen, denn es handelt sich in beiden Fällen um geldwerte Vorteile, die den Arbeitnehmer:innen zufließen.
Zählt Kryptowährung als Sachbezug?
Bei unentgeltlicher oder verbilligter Überlassung von Kryptowährungen als Vergütungen für die Arbeit des Personals ist im Einzelfall zu prüfen, ob es sich hierbei um eine Geldleistung im Sinne des § 8 Abs. 1 EStG handelt oder um einen Sachbezug des § 8 Abs. 2 S. 1 EStG. Nach § 107 Abs. 2 GewO kann das Arbeitsentgelt auch durch Sachleistungen gewährt werden, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen. Dies ist der Fall, wenn dies dem Interesse der Arbeitnehmer oder der Eigenart des Arbeitsverhältnisses entspricht. Kryptowährung ist zwar keine körperliche Sache i.S.v § 90 BGB und damit auch kein klassischer Sachbezug, doch besitzt sie einen – wenn auch stark im Wert schwankenden – Geldwert, der durch die gegenseitige Akzeptanz innerhalb des Nutzernetzwerks entsteht. Damit erfüllt Kryptowährung die Definition des Sachbezuges, welche jegliche Vergütung verlangt, die nicht in Geld oder durch eine bargeldlose Geldleistung gewährt wird.
Maßgeblich ist, ob eine derartige Vereinbarung im Interesse der Arbeitnehmer steht. Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn der Sachbezug seiner Art nach objektiv betrachtet, sinnvoll genutzt oder verbraucht werden kann. Dazu muss eine Interessenabwägung erfolgen. Gegen ein entsprechendes Interesse spricht die vergleichsweise geringe Nutzbarkeit im Alltag. Dafür könnte jedoch sprechen, dass ohnehin nur derjenige sich mit einer Bezahlung des Arbeitsentgeltes in Kryptowährung einverstanden erklärt, der einen sinnvollen Nutzen für sich sieht.
Ist Kryptowährung das Zahlungsmittel der Zukunft?
Dies wird sich noch zeigen. Viele Personen sehen in Kryptowährungen bereits jetzt das bessere Zahlungsmittel, verglichen zu Fiatgeld (Begriff für klassische Zahlungsmittel wie Dollar oder Euro). Seit dem Auftreten von Kryptowährungen ist von Jahr zu Jahr eine größere Durchdringung und Akzeptanz in der Öffentlichkeit und der Regulatorik zu verzeichnen, sodass Kryptowährungen mittlerweile auch von großen institutionellen Anlegern und Regierungen gehalten werden. Bereits seit einiger Zeit können, neben alltäglichen Einkäufen (z.B. über Krypto-Kreditkarten), Kryptowährungen auch an Geldautomaten in Fiatgeld getauscht werden. Es bleibt abzuwarten, wie teils lange Transaktionszeiten und das große Angebot an verschiedenen Kryptowährungen Einfluss auf die Entwicklung dieser als Zahlungsmittel der Zukunft haben. Die aktuellen Schwankungen an den Kryptomärkten, welche insbesondere durch die allgemeine wirtschaftliche Lage hervorgerufen werden, lösen hier zum jetzigen Zeitpunkt einige Verunsicherungen aus.
Welche Kryptowährung hat das größte Potential?
Die bekannteste und gleichzeitig größte (gemessen an der Marktkapitalisierung) Kryptowährung ist Bitcoin. Es gibt darüber hinaus mehrere Tausend weitere Kryptowährungen – neben Bekannteren wie Ethereum, Tether, Cardano und Solana gibt es somit noch viele kleine Währungen, mit geringer Marktkapitalisierung und wenigen Transaktionen. Das größte Potential als Vergütungsbestandteil haben die größeren Kryptowährungen – da hier regelmäßig eine geringere Volatilität vorliegt. Durch die ständige Weiterentwicklung von Kryptowährungen (z. B. insbesondere bei Ethereum) in Bereichen wie Transaktionsgeschwindigkeit, Sicherheit und Kompatibilität wird laufend eine immer weitere „Massentauglichkeit“ hergestellt. Diese wird zum einen durch die Entwickler der Netzwerke, aber auch durch das Netzwerk selbst bzw. dessen User vorangetrieben.
Welche Kryptowährung eignet sich als Gehalt?
Hier gilt es zu unterscheiden, was der Hintergrund der Zahlung von Kryptowährungen als Vergütungsbestandteil ist. Als Vergütungsbestandteil für eine große Anzahl von Arbeitnehmern eignen sich solche (Kryptowährungen), die eine hohe Marktkapitalisierung und eine geringe Volatilität haben. So werden wertstabile Token interessanter sein als Kryptowährungen, die erheblich schwanken, da das Kursschwankungsrisiko regelmäßig bei den Arbeitnehmern liegen wird bzw. viele Arbeitgeber das Risiko auf diese umlegen werden.
In Einzelfällen werden auch volatilere Kryptowährungen in Frage kommen, insbesondere dann, wenn auf steigende Kurse gewettet wird (Upside-Potential) oder Entwickler und Unternehmen eine neue Kryptowährung entwickeln und im Rahmen dessen Token an die Arbeitnehmer ausgeben.
Wird Kryptowährung versteuert und falls ja, wie hoch sind die Steuern?
Ja, auch Vergütungen in Kryptowährungen werden besteuert. Sowohl bei Qualifizierung als Geldleistung als auch als Sachbezug wird bei Arbeitnehmer:innen die Steuer als Lohnsteuer nach § 38 EStG erhoben. Das Bundesministerium der Finanzen hat sich jüngst im Schreiben vom 10. Mai 2022 mit Einzelfragen zur (ertrag-)steuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen und sonstigen Token beschäftigt. Darin wird nochmals klargestellt, dass bei Token als Sachbezüge der steuerliche Zufluss (und damit die Besteuerung) erst bei Einbuchung in das Wallet der Arbeitnehmer stattfindet.
Das hat insbesondere Einfluss auf die Bewertung, da damit eine Bewertung im Zuflusszeitpunkt erfolgt (= Umrechnung in Euro zum üblichen Endpreis am Abgabeort), womit auf den geldwerten Vorteil Lohnsteuer berechnet wird. Diese Besteuerung nach Tarif unterscheidet sich mithin nicht von der Lohnsteuer auf Fiatwährungen, von entscheidender Bedeutung ist der Bewertungszeitpunkt. Davon abzugrenzen ist, dass keine Kapitalertragsteuer auf diesen Vergütungsbestandteil anfällt, da es sich hierbei um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, also dem Anstellungsverhältnis, handelt.
Es wird deutlich, dass die Besteuerung zum Zuflusszeitpunkt rechtlich geklärt ist, womit die eingangs beschriebene Herausforderung des „dry income“ zu beachten ist. Die Finanzverwaltung akzeptiert für Lohnsteuer nur Euro, damit keine currency token. Wenn eine ausschließliche Vergütung in Kryptowährung erfolgt, müsste dann umgehend ein Teil der Kryptowährung verkauft/in Fiat getauscht werden oder die Euro auf andere Weise bereitgestellt werden, um die (Lohn-)Steuerschuld zu begleichen. „Dry income“ beschreibt also das Problem, dass steuerliche Verpflichtungen regelmäßig in Euro zu erfüllen sind, auch wenn Kryptowährungen, Sachbezüge, Geldsurrogate oder sonstige geldwerte Vorteile die eigentliche Vergütung für das Dienstverhältnis sind. Es ist daher zu empfehlen, gemischte Vergütungsformen, die auch teilweise in Euro ausgezahlt werden, beizubehalten. Diese sollten arbeitsrechtlich und vertraglich eindeutig und im Vorhinein mit den Arbeitnehmern vereinbart sein/werden.
Woher weiß das Finanzamt von Kryptowährung?
Das Finanzamt erfährt durch verschiedene Kontrollmechanismen von Kryptowährungen. Da Arbeitgeber regelmäßig durch die Finanzverwaltung geprüft werden, erhält diese während laufender Betriebsprüfungen oder Lohnsteuer-Außenprüfungen Einblick in die Vergütungsbestandteile – diese werden ebenso buchhalterisch abgebildet. Daneben verlangen viele Kryptomarktplätze eine Identifizierung bei der Registrierung (teilweise sogar inkl. SteuerID), sodass hiermit Transaktionshistorien und daraus resultierende Steueransprüche nachgewiesen werden können. Zur Sicherstellung des Besteuerungsverfahrens ist davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung/der Gesetzgeber die rechtlichen Grundlagen zum Abruf der Daten von Marktplätzen oder Wallets schaffen wird. Aufgrund der Blockchain-Technologie sind Transaktionen lückenlos nachvollziehbar, die dahinterstehenden Steuerpflichtigen müssen nur einmalig zugeordnet werden. Auch kann die Finanzverwaltung gezielte Anfragen nach § 93 AO an Beteiligte der Transaktionen stellen und so Auskünfte erhalten. Weiterhin ergibt sich ein hohes Entdeckungsrisiko aus dem Ankauf von Daten-CDs durch die Finanzverwaltung, wie es bereits in der Vergangenheit z.B. bei ausländischen Kapitalerträgen oder AirBnB-Umsätzen der Fall war.
Was passiert, wenn man Kryptowährung nicht versteuert?
Unterbleibt die Versteuerung von Kryptowährungen als Vergütungsbestandteil, haftet der/die Arbeitgeber:innen für die nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG. Auch sind bei Sachbezügen entsprechende Aufzeichnungsvorschriften im Lohnkonto zu beachten, wofür ebenfalls die Arbeitgeberin haftet, sollten diese nicht erfüllt werden/sein (z. B. Bewertungszeitpunkte und Kurse).
Denkbar ist des Weiteren, dass auch die Arbeitnehmer Kryptowährungen nicht oder nicht zutreffend versteuern, nachdem diese als Vergütungsbestandteil zugeflossen sind. Je nach Einzelfall kann hiermit eine leichtfertige Steuerverkürzung oder sogar eine Steuerhinterziehung vorliegen, was z. B. während Lohnsteuer-Außenprüfungen oder im Rahmen von Einkommensteuererklärungen aufgedeckt werden kann. Hier gilt es also, den Dokumentations- und Erklärungspflichten ordnungsgemäß nachzukommen. Neben den nacherhobenen Steuern drohen sonst weitergehende Maßnahmen wie Strafzahlungen oder ein Strafverfahren.