Künstliche Intelligenz (KI) wird vielfach als Träger der vierten industriellen Revolution bezeichnet und macht auch vor der Arbeitswelt nicht halt. Nach einer Studie von EY aus 2024 gaben 59% der Befragten in Deutschland an, dass der Einsatz von KI zum Verlust von Arbeitsplätzen führen werde. Doch sind die Sorgen berechtigt oder entstehen durch KI nicht sogar Arbeitsplätze? Der vorliegende Beitrag soll den Zusammenhang zwischen Arbeitsplatzabbau und KI beleuchten sowie einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen bieten.
Beispiele für Arbeitsplatzabbau aufgrund des Einsatzes von KI
Bereits jetzt gibt es erste Beispiele für Arbeitsplatzabbau in Fällen, bei denen Aufgaben von KI übernommen werden sollen. So reduzierte der schwedische Zahlungsdienstleister seine Mitarbeiteranzahl innerhalb von 12 Monaten von 5.000 auf 3.800 aufgrund des Einsatzes von KI. Der dortige KI-Assistent reduzierte die durchschnittliche Bearbeitungszeit von Kundenanfragen von elf Minuten auf zwei Minuten und führte so zu einem Wegfall des Beschäftigungsbedarfs. Auch auf dem Freelance-Arbeitsmarkt zeigen sich Auswirkungen des Einsatzes von KI. Nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) sank die Nachfrage nach automatisierungsanfälligen Tätigkeiten durchschnittlich um ein Fünftel in den ersten acht Monaten nach Veröffentlichung von ChatGPT Ende November 2022. Dabei waren Schreibarbeiten wie Ghostwriting oder Korrekturlesen mit einem Rückgang von ca. 30% am stärksten betroffen. Diese Entwicklungen spiegeln sich in Umfragewerten wider. In einer Fiverr-Umfrage aus Mai 2024 nannten Manager und Entscheidungsträger neue Technologien mit 44 % als Hauptgrund für Stellenabbau in den letzten sechs Monaten. Zudem ist es nicht unwahrscheinlich, dass der Einsatz von KI der Grund für deutlich mehr Entlassungen – insbesondere in der Tech-Branche – ist, als es von Unternehmen bisher kommuniziert wird.
Wandel der Arbeitswelt
In anderen Fällen werden Beschäftigte zwar aufgrund von KI entlassen, aber nicht direkt durch KI-Technologien ersetzt. Der Arbeitsplatzabbau ist hierbei darin begründet, dass Unternehmen Kapital umschichten, um (massiv) in KI-Technologien investieren zu können. So nannten beispielsweise Meta-CEO Mark Zuckerberg und Google-CEO Sundar Pichai KI-Investitionen als Grund für Entlassungen in ihren Unternehmen. In den wohl meisten Fällen wird ein Abbau von Arbeitsplätzen jedoch mit dem Entstehen neuer Stellen einhergehen, wenn auch nicht zeitgleich. Ein Beispiel dafür ist der Software-Hersteller SAP. Dieser kündigte im Juli 2024 an, im Rahmen eines Restrukturierungsprogramms weltweit 9.000 bis 10.000 Stellen abzubauen. Dies wurde damit begründet, alle Kräfte auf die bereits angelaufene KI-Offensive zu lenken, denn gleichzeitig sollen neue Stellen besetzt werden, die sich insbesondere mit KI beschäftigen sollen. Zum Jahresende 2024 wurde daher mit einer gleichbleibenden Gesamtzahl an Beschäftigten gerechnet.
KI als (Teil-)Lösung für den Fachkräftemangel?
Einerseits werden durch den vermehrten Einsatz von KI neue Arbeitsplätze geschaffen, da die Technologien entwickelt, bedient und gewartet werden müssen. Zudem entsteht ein Beratungsbedarf von Unternehmen zu künstlicher Intelligenz, welche die Schulung von Mitarbeitern einschließt. In einer bitkom-Studie von 2024 nannten 47 % aller befragten Unternehmen als unternehmensinterne Hemmnisse beim Einsatz von generativer KI fehlendes technisches Know-how und 42 % nannten fehlende personelle Ressourcen. Zudem sind demnach 68 % der Unternehmen, die generative KI einsetzen oder dies planen, überzeugt, dass der Einsatz von generativer KI zusätzlichen Bedarf an Fachkräften schafft. Andererseits können durch den Einsatz von KI-Technologien Aufgaben automatisiert und Fachkräfte hierdurch entlastet werden. Dies gilt vor allem für Routinetätigkeiten. Infolgedessen können Beschäftigte in ihrer freigewordenen Zeit andere Tätigkeiten erledigen und es kommt insgesamt zu einer Produktivitätssteigerung. Dadurch könnte der Fachkräftebedarf teilweise gemindert werden. Eine im Jahr 2023 veröffentlichte Studie kam zu dem Ergebnis, dass die meisten Arbeitsplätze und Branchen nur teilweise der Automatisierung ausgesetzt sind und daher vermutlich durch KI ergänzt und nicht ersetzt werden. Hierbei wurde die Annahme zugrunde gelegt, dass sich die von KI erwarteten Fähigkeiten voll entfalten werden. Beispielsweise könnten KI-Tools dazu beitragen die Dokumentationsarbeit von Pflegekräften und Ärzten zu vereinfachen, sodass ihnen mehr Zeit für Patienten bleibt.
Fazit
Verlässliche Aussagen über die Auswirkungen des zunehmenden Einsatzes von KI-Technologien auf den Arbeitsmarkt sind derzeit kaum möglich. Der zukünftige Einfluss von KI auf die Arbeitswelt wird u.a. davon abhängen, wie schnell und weit sich die Technologie hinsichtlich Intelligenz und Autonomie entwickelt, inwieweit der Betrieb von KI-Systemen wirtschaftlicher wird und wie sich die rechtlichen Rahmenbedingungen entwickeln. Es erscheint wahrscheinlich, dass sich ein Großteil der Arbeitsplätze in unterschiedlichem Maße verändern und neue Berufe entstehen werden.
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