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Vorstand, Unternehmer und Wirtschaftsmediation. Passt das?

Ein Gespräch mit den Wirtschaftmediatoren Thomas Borghardt und Frank Dehnke

Interviews von Dr. Frauke Biester-Junker und Christoph Kaul mit Thomas Borghardt (Vorstand der Hamburger Family Office Bank Marcard, Stein und Co) und Frank Dehnke (Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Oberhessen)

Teil 1 – „Vorstand, Unternehmer und Wirtschaftsmediation. Passt das?“

Wirtschaftsmediation: warum befassen sich immer mehr Unternehmer, Vorstände, Geschäftsführer, Führungskräfte und nicht zuletzt auch Rechtsanwälte und Berater damit? Was ist so überzeugend an dem vermeintlich „esoterischen Gesprächskreis“?  Darüber sprechen wir heute – im ersten Teil dieser Reihe – gemeinsam mit zwei Gästen, die es wissen. Wir laden Sie ein, mitzulesen und gern auch Ihre Anmerkungen und Fragen direkt an die unten stehende Adresse zu senden. 

Frauke Biester: „Wir dürfen Ihnen vorstellen: Herrn Thomas Borghardt, Vorstand der Hamburger Family Office Bank Marcard, Stein und Co sowie Herrn Frank Dehnke, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Oberhessen.

Lieber Thomas, lieber Frank, wir freuen uns sehr, dass wir die Gelegenheit haben, mit Euch über die Wirtschaftsmediation zu sprechen. Wie kommt ihr als Unternehmer und Vorstände überhaupt dazu?“

Thomas Borghardt: „Ganz prägnant gesprochen: es geht in meiner Tätigkeit auf den ersten Blick um Geld, nicht nur, aber auch. Ich sehe die Techniken der Wirtschaftsmediation als eine Kernkompetenz einer Family Office Bank. Wir tragen eine besondere Verantwortung bei der generationsübergreifenden Beratung und Betreuung komplexer Familienvermögen. Dabei ergeben sich ganz natürlich immer wieder unterschiedliche Interessenlagen der Beteiligten bezüglich einzelner Investments, aber auch bis hin zu familiären Konflikten, die letztendlich auch Auswirkungen auf das Familienvermögen haben können. Auf diese Situationen möchte und muss ich angemessen reagieren und unseren Kunden professionelle Lösungen aufzeigen.“

Christoph Kaul„Das ist ein interessanter Punkt. Mit Hilfe welcher Instrumente entwickelst Du solche Lösungen?“

Thomas Borghardt: „Nun, zunächst sind unsere Kunden meist Familien und damit persönlich eng verbunden. Gleichzeitig sind die wirtschaftlichen, steuerlichen und rechtlichen Zusammenhänge anspruchsvoll. Dies führt mitunter zu herausfordernden Verhandlungssituationen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass unsere Kunden eine Auseinandersetzung vor Gericht scheuen. Dies nicht nur aufgrund der damit verbundenen Kosten, sondern vor allem vor dem Hintergrund der Dauer und der Öffentlichkeit und der damit fehlenden Vertraulichkeit. Als Konfliktlösungsinstrument scheiden Gerichtsverfahren also regelmäßig aus. Einen anderen, passenderen Weg der Konfliktvermeidung bzw. -beilegung im Sinne meiner Kunden zu gehen, ist deshalb meine Hauptmotivation. Das alles bietet die Wirtschaftsmediation.“ 

Christoph Kaul„Frank, wie war es bei Dir, wie bist Du zur Wirtschaftsmediation gekommen?“

Frank Dehnke: „Bei mir gab es ganz konkrete Anlässe in meinem vorherigen beruflichen Umfeld als Vorstandsvorsitzender einer anderen Sparkasse. Dort hatten wir mit drei Mitarbeitern erhebliche unüberwindbare Differenzen und Schwierigkeiten. Diese Situationen wollte ich lösen. Langwierige Gerichtsverfahren waren nicht der richtige Weg, nicht nur mit Blick auf die Kosten, sondern vor allem wegen der arbeitsrechtlichen Aussichten. Vangard hat uns bei diesen Fällen arbeitsrechtlich beraten und begleitet. Frauke, Du hast mir dann die Möglichkeiten von Mediationen aufgezeigt. Wir haben dann tatsächlich drei Mediationsverfahren durchgeführt und hatten in allen drei Fällen einen – das kann man glaube ich genau so sagen – sehr großen Erfolg.“

Frauke Biester„Da stimme ich Dir zu, Frank. Was genau hat Dich denn letztlich damals davon überzeugt, die Mediationsverfahren durchzuführen?“

Frank Dehnke: „In der Tat hatte ich bis dahin keinerlei Berührungspunkte mit dem Thema Mediation. Überzeugt hat mich Eure Beratung. Denn Ihr habt mir vermittelt, dass eine juristische Auseinandersetzung vor Gericht keinen Erfolg für unser Haus haben wird. Beschäftigt hat mich außerdem der Gedanke, dass die juristische Auseinandersetzung das Kernproblem nicht lösen wird, jedenfalls nicht vollumfänglich. Natürlich sind (lange) Gerichtsverfahren für Anwälte finanziell lukrativ. Als Ihr mir dennoch empfahlt, Mediationsverfahren durchzuführen, war ich beeindruckt. Dann habe ich gesagt, das machen wir jetzt.“

Frauke Biester„Keine Frage, manchmal sind arbeitsgerichtliche Verfahren wirklich unumgänglich. Wir Anwälte verfolgen nun einmal die Interessen unserer Mandanten – und dafür gibt es unterschiedliche Wege. Einer davon ist die Wirtschaftsmediation. Diese habe ich Euch aus tiefer Überzeugung empfohlen. Nicht nur, weil die Fälle juristisch in der Tat nicht zu gewinnen waren. Sondern insbesondere deshalb, weil wir durch das Mediationsverfahren die konkreten Probleme nachhaltig und umfassend lösen wollten – und konnten.“

Christoph Kaul: „Gerichtliche Entscheidungen bringen häufig eine „Alles-oder-nichts-Entscheidung“, eine Partei gewinnt, die andere Partei verliert. In einer Vielzahl von Fällen ist das Grundproblem des Mandanten jedoch nicht gelöst, auch nicht durch einen Erfolg vor Gericht. Die Mediation hat gegenüber Gerichtsentscheidungen den großen Vorteil, punktgenaue Lösungen zu bieten und zwar solche, die die Parteien selbst erarbeitet und damit in der eigenen Hand haben.“

Thomas Borghardt: „Aus meiner Erfahrung kann ich Eure Erkenntnisse nur bestätigen. Unsere Kunden sind stets lebenslang miteinander verbunden. Bei Streitigkeiten innerhalb einer Familie ruft ein Gerichtsverfahren vermutlich meist mehr neue Konflikte hervor, als es vermeintlich löst. Der mögliche Gesichtsverlust im Familienverbund hat dabei eine große Bedeutung. Zusätzlich drohen wirtschaftliche Kollateralschäden für alle Beteiligten. Um es auf den Punkt zu bringen: Wer sich als Familie über ein ganzes Jahr vor Gericht streitet, der wird mit Sicherheit zum Jahresende nicht glücklich gemeinsam Weihnachten feiern. Insofern ist es für unsere Kunden essenziell, dass es alternative Konfliktmöglichkeiten zu Gerichtsverfahren gibt.“

Frank Dehnke: „Diesen Punkt möchte ich gern aufnehmen, Thomas. Auch wir als Sparkasse möchten keine Gerichtsprozesse führen, vor allem nicht mit unseren MitarbeiterInnen. Wir möchten etwaige Probleme möglichst schnell, effizient und ergebnisoffen lösen. Im Rahmen eines Mediationsverfahrens kommt es zu Vereinbarungen, deren Inhalt die Parteien selbst entwickelt haben und eben nicht ein außenstehender Dritter. Nicht der Richter entscheidet, sondern die Konfliktparteien selbst. Dies ist aus meiner Sicht eine besondere Stärke der Mediation. Allein die Durchführung eines Mediationsverfahrens sendet auch ein deutliches Signal an unsere Belegschaft, Konflikte gemeinsam lösen zu wollen.“ 

Christoph Kaul: „In der Tat geht von vielen Gerichtsverfahren eine Signalwirkung für das Unternehmen und die Belegschaft aus. Insofern sind gar nicht „nur“ die konkreten Parteien von einem Rechtsstreit betroffen, sondern es gibt zahlreiche Interessengruppen, die dieses Verfahren ebenfalls genau beobachten und daraus – teilweise auch negative – Rückschlüsse für die zukünftige Zusammenarbeit oder die eigene Verhaltensweise ziehen. Die Mediation setzt auch hier an. Sie ist vertraulich.“

Frauke Biester: „Die Praxis zeigt es immer wieder: es gibt einen ganzen Koffer voll Instrumente zur Führung von Unternehmen und MitarbeiterInnen. Das Gleiche gilt für die Beratungsleistung von Rechtsanwälten. Passend sollte das Instrument sein – und da gibt es so viel mehr als die streitige Auseinandersetzung. 

Lieber Frank, lieber Thomas, herzlichen Dank für den ersten Teil unseres Austauschs.“ 

Teil 2 unseres Interviews wird hier in Kürze erscheinen. Darin wird es um die Besonderheiten und die Techniken der Mediation und die Erfahrungen in der Praxis gehen. Bereits jetzt freuen wir uns über Feedback, Fragen und Anregungen.

Bitte nutzen Sie dazu die Adresse 
wirtschaftsmediation@vangard.de

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