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Back for good? - Teilzeitarbeitnehmer und ihr Anspruch auf Vollzeit

van_portraits_840x840px_02_sandmaier.png Dr. Matthias Sandmaier

November 2018

Lesedauer: Min

Zur Beweislastumkehr im neu gefassten § 9 TzBfG

Im Rahmen der Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) hat der Bundestag am 18.10.2018 nun doch Arbeitnehmeransprüche wie die Brückenteilzeit und die Verlängerung der Teilzeit verabschiedet. Im Windschatten der Brückenteilzeit gab es dabei eine für die Arbeitgeber bedeutsame Änderung der Beweislastregelung hinsichtlich der Berücksichtigung von Teilzeitbeschäftigten bei der Besetzung von Vollzeitstellen.

Hintergründe des Gesetzesentwurfes
Das maßgebliche Anliegen des Gesetzes ist es, Arbeitnehmern die Rückkehr aus der Teilzeit zu erleichtern bzw. flexiblere Möglichkeiten für die Inanspruchnahme von Teilzeit zu schaffen, um die Vereinbarkeit von Familie und Berufsleben nachhaltig zu verbessern. Neben dem bereits viel diskutierten Anspruch auf Brückenteilzeit, ist dabei auch eine Änderung der Verlängerungsmodalitäten der Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten (§ 9 TzBfG) vorgesehen. Ausweislich einer Befragung des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahre 2017 bestand bei 1,3 Millionen Teilzeitbeschäftigten der Wunsch auf Verlängerung der Arbeitszeit. Der Anteil an Frauen lag dabei mit 967.000 sehr hoch und offenbart welche Arbeitnehmer mehrheitlich von der Gesetzesänderung profitieren sollen.

Inhalt der Änderung
Die Neufassung des § 9 TzBfG stimmt zwar im Wesentlichen mit der bisherigen Regelung der Verlängerung der Arbeitszeit überein. Weiterhin sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer bei der Besetzung einer freien (Vollzeit-)Stelle vorrangig zu berücksichtigen. Jedoch werden in der gesetzlichen Neuregelung die Modalitäten hinsichtlich der Ablehnung des Verlängerungswunsches modifiziert. Regelmäßig konnte bisher das Arbeitnehmerverlangen nach einer Arbeitszeitverlängerung abgewiesen werden, sofern es sich bei der besetzenden Stelle nicht um einen „entsprechenden freien Arbeitsplatz“ handelte. Wann ein „entsprechender freier Arbeitsplatz“ gegeben ist, war bisher nicht genauer bestimmt. Hier setzt die Neuregelung an: So liegt nunmehr ein freier zu besetzender Arbeitsplatz vor,

wenn der Arbeitgeber die Organisationsentscheidung getroffen hat, diesen zu schaffen oder einen unbesetzten Arbeitsplatz neu zu besetzen.

Der Gesetzgeber hält damit fest, dass der Arbeitgeber in der unternehmerischen Entscheidung ungebunden bleibt, ob er einen Arbeitsplatz schafft. Dem Arbeitgeber obliegt bei Ablehnung des Verlängerungswunsches aber nunmehr die Beweislast dafür, weshalb der freie Arbeitsplatz kein „entsprechender“, also für den Teilzeitbeschäftigten geeigneter ist. Bisher musste der Arbeitnehmer beweisen, dass ein freier Arbeitsplatz besteht und er für diesen geeignet ist. Die Beweislastverteilung verschiebt sich somit zu Lasten der Arbeitgeberseite.

Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für Unternehmen?

Zunächst ist festzuhalten, dass die nun erfolgte Verschiebung der Beweislastverteilung deutlich weniger einschneidend ist als im vorausgehenden Referentenentwurf noch vorgesehen. Nach diesem hätte dem Arbeitgeber der Nachweis oblegen, dass es keinen entsprechenden freien Arbeitsplatz im Unternehmen gibt. Dies wäre für den Arbeitgeber deutlich problematischer gewesen.

Auch nach der neuen Regelung können teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer aber die Bereitstellung neuer Stellen nicht erzwingen. Sofern der Arbeitgeber sich nicht entschließt, eine neue Stelle zu schaffen, muss er dem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer trotz des Wunsches auf Vollzeit keine Verlängerung der Arbeitszeit gewähren. Der Arbeitgeber behält die Organisationsmacht darüber zu bestimmen, ob er neue Stellen schaffen und vergeben möchte und welche Einstellungsvoraussetzungen hieran zu knüpfen sind. Der medial hierfür mitunter verwendete Begriff der „Unternehmensfreiheitsklausel“ erscheint gleichwohl etwas übertrieben. Denn wenn sich der Arbeitgeber entschlossen hat einen Arbeitsplatz zu schaffen oder neu zu besetzen, sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, die mindestens gleich geeignet wie externe Bewerber sind, zu bevorzugen. Dies schränkt den Arbeitgeber in seiner Entscheidungsfreiheit ein. Hinzu kommt, dass er, sofern er die Vollzeitstelle an einen Teilzeitbeschäftigten vergibt, für dessen Teilzeitstelle eine neue Arbeitskraft suchen muss, obwohl er mit der bisherigen Besetzung, der Arbeitsleistung und der Organisation zufrieden war (Stichwort: „Teilzeit schafft Teilzeit“).