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Politik im Arbeitsverhältnis – Rechte und Pflichten des Arbeitgebers

van_portraits_840x840px_16_raeuker_2.png Kaya Räuker

Mai 2025

Lesedauer: Min

Am Tag der Veröffentlichung dieses Beitrages, am 8. Mai 2025, jährt sich zum 80. Mal die Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus – ein Tag, der uns an die Bedeutung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und gesellschaftlichem Zusammenhalt erinnert. Gleichzeitig erleben wir aktuell eine wachsende Polarisierung der Gesellschaft und ein besorgniserregendes Erstarken extremistischer Haltungen. Kontroverse Diskussionen sowie die Verbreitung von Hass und Hetze werden durch Social Media vereinfacht, enthemmt, allgegenwärtig.
Das stellt auch Arbeitgeber vor Herausforderungen. Laut Littler‘s European Employer Survey Report 2024 sehen sich 86 % der europäischen Arbeitgeber zumindest mit gewissen Schwierigkeiten im Umgang mit politischen Themen und Meinungsverschiedenheiten am Arbeitsplatz konfrontiert.

Was ist also erlaubt, was geht zu weit – wann und wie dürfen oder sogar müssen Arbeitgeber einschreiten?

Meinungsfreiheit – ein hohes Gut mit Grenzen

Die Meinungsfreiheit ist als Grundrecht in Art. 5 Abs. 1 des Grundgesetzes verankert. Als Wesensmerkmal und Voraussetzung der freiheitlich demokratischen Grundordnung wird ihr ein besonders hoher Rang beigemessen. Sie erlaubt grundsätzlich jedem in Deutschland seine Meinung – gerade auch eine politische – frei zu äußern unabhängig davon, ob diese nach allgemeinem Konsens unbegründet, irrational, wertlos oder gar gefährlich erscheint. Nicht geschützt sind dagegen unwahre Tatsachenbehauptungen, wie die sog. Ausschwitzlüge, d.h. die Behauptung, es habe im Dritten Reich keine Judenverfolgung gegeben. Darüber hinaus sind der Meinungsfreiheit insbesondere Grenzen gesetzt durch die Grundrechte anderer: die Menschenwürde, das Persönlichkeitsrecht, die unternehmerische Freiheit. Nicht geschützt sind strafrechtlich relevante Verhaltensweisen, wie Beleidigungen und Volksverhetzung.

Politisches am Arbeitsplatz – was ist erlaubt und was nicht?

Grundsätzlich gilt: Während der Arbeitszeit sind Mitarbeitende zur Arbeitsleistung verpflichtet und müssen diesbezügliche Weisungen des Arbeitgebers befolgen. Darüber hinaus unterliegen Mitarbeitende auch sog. Rücksichtsnahmepflichten gegenüber dem Arbeitgeber. Sie müssen geschäftsschädigendes Verhalten sowie Störungen des Betriebsfriedens bzw. Ablaufs vermeiden. Außerdem müssen sie strafbare Handlungen gegenüber Kollegen und Vorgesetzten unterlassen.
Nicht erlaubt sind danach alle Äußerungen und Betätigungen, die gegen diese Pflichten verstoßen (z.B. rassistische Äußerungen gegenüber Kollegen; Wahlkampfaktivität, die den Betriebsfrieden/-ablauf stört; Äußerungen gegenüber Kunden, die Image/Geschäftsbeziehungen beeinträchtigen können). Erlaubt sind dagegen alle politischen Äußerungen und Betätigungen, die diese Grenzen nicht überschreiten. Ausnahmen hiervon sind nur möglich für Tendenzbetriebe und im öffentlichen Dienst.

Und wie ist es in der Freizeit?

In ihrer Freizeit sind Mitarbeitende grundsätzlich frei, denn der Arbeitgeber kann den privaten Lebensbereich nicht beeinflussen. Allerdings gelten auch während der Freizeit die Rücksichtsnahmepflichten weiter.
Das heißt, dass auch vermeintlich private, politisch extreme, rechtswidrige Äußerungen und Betätigungen unzulässig sein können, insbesondere wenn sie im öffentlichen Raum (z.B. Soziale Medien) erfolgen, auf den Arbeitgeber zurückfallen (Bezug z.B. durch Arbeitskleidung oder aufgrund Bekanntheit der Person) und geschäftsschädigend wirken oder den Betriebsfrieden stören (Shitstorm, Boykottaufrufe, Kündigungen anderer Mitarbeitenden). Achtung: Hier gelten allerdings strengere Maßstäbe. Ausnahmen greifen wiederum nur für Tendenzbetriebe und im öffentlichen Dienst.

Mögliche arbeitsrechtliche Maßnahmen – immer am konkreten Fall

Wie bei jeder arbeitsrechtlichen Pflichtverletzung kommen eine Abmahnung sowie fristlose/ordentliche Kündigung oder auch eine Versetzung in Betracht. Wichtig ist, dass die gewählte Maßnahme zukunftsbezogen, d.h. zur Abwendung weiterer Schäden, erfolgt und verhältnismäßig ist, d.h. das mildeste, erfolgsversprechende Mittel darstellt. So ist eine Kündigung etwa nur in besonders schwerwiegenden Fällen ohne vorherige Abmahnung zulässig. Wichtig ist, stets eine Einzelfallprüfung und sorgfältige Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände (u.a. Inhalt, Zusammenhang und Anlass der Äußerung, Reichweite und Intensität der Beeinträchtigung, Stellung des Mitarbeitenden, Dauer des Arbeitsverhältnisses) vorzunehmen.
Zur Prävention können Arbeitgeber ihre Mitarbeitenden im Übrigen auch auf die Grenzen der Meinungsfreiheit im Arbeitsverhältnis aufmerksam machen, z.B. durch Infoveranstaltungen, Schulungen oder Social Media Guidelines.

Handlungspflichten des Arbeitgebers

Arbeitgeber sind schließlich nicht nur berechtigt, sondern mitunter sogar verpflichtet, bei unzulässigen Verhaltensweisen von Mitarbeitenden einzuschreiten. Zum einen trifft sie eine Fürsorgepflicht gegenüber betroffenen Mitarbeitenden, zum anderen ergibt sich eine Handlungspflicht bei diskriminierenden/rassistischen Verhaltensweisen auch aus dem Antidiskriminierungs- sowie Betriebsverfassungsrecht (1, 7, 12 AGG; § 75 BetrVG). Zusätzlich kann ein eventuell bestehender Betriebsrat einen Antrag nach § 104 BetrVG auf Entlassung oder Versetzung eines Mitarbeitenden stellen. Und schließlich kann eine sog. Druckkündigung geboten sein, etwa wenn andere Mitarbeitende mit Eigenkündigung drohen – wobei hier sehr hohe Anforderungen gelten.

Fazit

Unternehmen müssen heutzutage nicht nur für reibungslose Betriebsabläufe sorgen, sondern auch ein sicheres, respektvolles Arbeitsumfeld schaffen, Toleranz wahren und sind zugleich zunehmend gefragt Haltung zu zeigen.
Unsere Empfehlung: Seien Sie aufmerksam bezüglich eines etwaig bestehenden Konfliktpotentials, lassen Sie Ihre Führungskräfte schulen und sprechen Sie mit Ihren Mitarbeitenden. Holen Sie sich in Zweifelsfällen Rat ein, um rechtssicher und souverän agieren zu können.

Sie haben weitere Fragen zu diesem Thema?

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