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Mobile Arbeit im Ausland – Modeerscheinung oder Zukunftsmodel?

van_portraits_840x840px_02_corleis.png Lucas Corleis

November 2022

Lesedauer: Min

Flexible Arbeitsmodelle genießen einen immer höheren Stellenwert. Auch wenn der Gesetzgeber arbeitsrechtlich häufig eher Rückschritte in Sachen Digitalisierung und Flexibilität macht, beweisen zahlreiche Arbeitgeber Mut und ermöglichen ihren Arbeitnehmern mobiles Arbeiten auch im Ausland.

Auf sozialen Netzwerken wie LinkedIn ließ sich dieser Trend zuletzt klar erkennen.

Der vorliegende Beitrag soll für die rechtlichen Risiken mobiler Arbeit im Ausland sensibilisieren, aber auch eine personalpolitische Perspektive bieten.

Was ist rechtlich relevant?

Die rechtlichen Herausforderungen bei mobiler Arbeit im Ausland sind komplex und können zwischen unterschiedlichen Konstellationen stark variieren. Auch wenn die rechtlichen Punkte in der Euphorie über die neue Freiheit gerne verdrängt und eher oberflächlich behandelt werden, dürfte mittlerweile hinlänglich bekannt sein, dass die rechtlichen Risiken gleichwohl erheblich sein können.

Neben arbeitsrechtlichen Fragestellungen müssen die Beteiligten insbesondere das Steuerrecht, das Sozialversicherungsrecht sowie das Aufenthaltsrecht im Blick behalten. Während einige Aspekte durch den Arbeitgeber generell geregelt werden können, bedarf grundsätzlich jede Tätigkeit im Ausland einer gesonderten Prüfung, da es nicht nur relevant ist, wo und für welchen Zeitraum gearbeitet wird, sondern vielmehr auch, wer mobil arbeitet und worin diese Arbeit besteht. Besonders die häufig nur am Rande behandelte unbeabsichtigte Gründung einer Betriebsstätte kann ungeahnte Probleme nach sich ziehen, da sich der Arbeitgeber im Land der Betriebsstätte registrieren und sämtliche steuerliche Erklärungspflichten erfüllen müsste. Die Frage der Betriebsstätte entscheidet sich mitunter an der Frage, ob der Arbeitnehmer eine Kern- oder eine Nebenaktivität des Unternehmens ausübt, sodass beispielsweise ein leitender Vertriebsmitarbeiter eines auf Vertrieb ausgerichteten Unternehmens, der im Ausland Verträge schließt und Umsatz generiert, deutlich eher Gefahr läuft, eine Betriebsstätte zu begründen, als ein Sachbearbeiter, der im Außenverhältnis nicht aktiv wird.

Ein weiterer wichtiger, aber neben den individuellen arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten bisher noch wenig besprochener Bereich ist die betriebliche Mitbestimmung des zuständigen Betriebsrats, denn der noch junge, aber sehr relevante § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG dürfte auch die Ausgestaltung der mobilen Arbeit im Ausland umfassen. Sobald sich ein Arbeitgeber somit dazu entschieden hat, mobile Arbeit auch grenzüberschreitend zu ermöglichen, muss er sich hinsichtlich der aus Compliance Perspektive so wichtigen Ausgestaltung mit dem Betriebsrat abstimmen und notfalls in der Einigungsstelle zu einer Einigung kommen. Andernfalls kann das Projekt der globalen Mobilität bereits hier ein jähes Ende finden.

Was sollten Arbeitgeber tun, die mobile Arbeit im Ausland ermöglichen wollen?

Jeder Arbeitgeber, der mobile Arbeit auch außerhalb Deutschlands ermöglichen möchte, sollte sowohl einen allgemeinen Rahmen schaffen als auch eine angemessene qualifizierte Einzelfallprüfung sicherstellen. Während große und internationale Arbeitgeber hierfür in den meisten Fällen bereits Kapazitäten aufgebaut haben, kann auch mit geringeren Mitteln ein solides Fundament für die grenzüberschreitende Arbeit gelegt werden. Hinsichtlich der sozialversicherungsrechtlichen Anforderungen, kann beispielsweise durch einen routinierten Umgang mit der Beantragung von A-1 oder sonstiger landesspezifischen Entsendebescheinigungen Verzögerungen und Unstimmigkeiten vorgebeugt werden.

Alle Arbeitgeber, auch solche, die mobile Arbeit im Ausland bis auf weiteres ausschließen, sollten klare Regeln aufstellen und diese, gegebenenfalls unter Berücksichtigung der betrieblichen Mitbestimmung, verbindlich festlegen und kommunizieren. Das Ziel hierbei sollte sein, eine Best Practice zu schaffen, um sich im Rahmen der jeweiligen Möglichkeiten und mit Blick auf die Interessen der eigenen Belegschaft zu positionieren. Während große globale Konzerne wirklich auf ein „Global Office“ hinarbeiten und in dieses Vorhaben finanzielle und personelle Ressourcen in großem Umfang investieren, kann es bei kleineren regional geprägten Unternehmen völlig genügen, wenn den Arbeitnehmern die einwöchige Workation auf Mallorca ermöglicht wird, was regelmäßig mit überschaubaren Mitteln gut gelingen kann.

In keinem Fall sollten Arbeitgeber hier eine „Just do it“ Praxis etablieren. So können zwar kurzfristig Ressourcen geschont werden, was sich angesichts des latenten Compliance Risikos jedoch schnell als die falsche Entscheidung herausstellen kann.

Ausblick und Empfehlungen

Die mobile Arbeit im Ausland dürfte vor dem Eintritt in die dritte Phase stehen. Nachdem das Thema zunächst ignoriert oder blockiert wurde, haben viele Arbeitgeber mittlerweile eine Best Practice entwickelt, um der Nachfrage der Beschäftigten gerecht zu werden, ohne unkalkulierbare Risiken einzugehen. Nun wird man sehen, wie sich die dritte Phase entwickelt, in der Arbeitgeber die mobile Arbeit im Ausland proaktiv für sich nutzen, um im globalen Wettlauf um die besten Köpfe zu bestehen und den neuen Erwartungen und Wünschen kommender Arbeitnehmergenerationen gerecht zu werden. Es wird etwas Zeit in Anspruch nehmen, bis sich neue Abläufe eingespielt haben, mittel- bis langfristig bietet ein „Worldwide Office“ jedoch große Chancen und der allgemeine Trend ist in einer immer weiter vernetzten Welt ohnehin unumkehrbar.

Schon Émile Zola wusste: „Nichts entwickelt die Intelligenz wie das Reisen.“