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Klimaschutz & Arbeitsrecht – Welche Verantwortung haben Unternehmen?

van_portraits_840x840px_20_rutmann.png Maria Rutmann

Juni 2025

Lesedauer: Min

Der Klimawandel ist eine der drängendsten globale Herausforderungen unserer Zeit. Auch Unternehmen tragen hierfür eine gesellschaftliche Verantwortung. Diese wird unter dem Begriff “Corporate Social Responsibility” (CSR) zusammengefasst, die neben ökologischen auch soziale und ökonomische Aspekte beinhaltet. Der nachfolgende Beitrag soll die arbeitsrechtlichen Möglichkeiten und Grenzen beleuchten.

Klimaschutz als Teil moderner Unternehmensführung

Viele Unternehmen haben bereits Klimaschutzstrategien entwickelt. Diese betreffen die produktionsbezogenen Prozesse und die zu erringenden Dienstleistungen. Vermehrt berühren die Klimastrategien aber auch das Verhalten und die Rechte der Beschäftigten. Mögliche Maßnahmen reichen z.B. von Homeoffice-Regelungen zur Reduzierung des Pendelverkehrs über die Einführung von Dienstfahrrädern, BahnCard-Angeboten oder Richtlinien für Geschäftsreisen bis hin zur Umstellung der betrieblichen Fahrzeugflotten auf emissionsfreie Alternativen. Hinzukommen Schulungen und Policies zum ressourcenschonenden Verhalten am Arbeitsplatz sowie die Integration ökologischer Kriterien in Zielvereinbarungen und Mitarbeiterbewertungen. Viele dieser Maßnahmen stehen allerdings im Spannungsfeld zwischen der unternehmerischen Gestaltungsfreiheit und den Rechten der Beschäftigten. Das Arbeitsrecht übernimmt hier eine vermittelnde aber auch zugleich schützende Funktion.

Individualarbeitsrechtliche Aspekte: Vertragsfreiheit und Direktionsrecht

Es stellt sich zunächst die Frage, ob und inwieweit Arbeitgeber berechtigt sind, klimabezogene Vorgaben einseitig anzuordnen und/oder durchzusetzen. Im Grundsatz gilt: Im Rahmen des Direktionsrechts nach § 106 GewO darf der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen. Dies gilt aber nur innerhalb der Grenzen der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen und unter Berücksichtigung der Interessen der Beschäftigten. So kann die Anordnung des Arbeitgebers, Dienstreisen vorzugsweise mit der Bahn, statt mit dem Flugzeug zu unternehmen, im Rahmen des Direktionsrechts zulässig sein. Demgegenüber ist die einseitige Anordnung des Arbeitsgebers zur verpflichtenden Nutzung bestimmter Verkehrsmittel für den Arbeitsweg oder eine pauschale Homeoffice-Pflicht zur Einsparung von CO₂-Emissionen unzulässig. Dies bedarf im Grundsatz immer einer ausdrücklichen Vereinbarung mit den Beschäftigten. Insgesamt haben Arbeitgeber immer die Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit im Blick zu behalten. Im Zweifel ist eine ausdrückliche vertragliche Grundlage notwendig und, wo eine solche fehlt, ggf. über eine Änderungskündigung nachzudenken.

Kollektivarbeitsrecht: Rolle und Beteiligung des Betriebsrats

Bei der Umsetzung betrieblicher Maßnahmen zum Klimaschutz sind zudem die Beteiligungsrechte des Betriebsrats zu beachten. Eine besondere Rolle spielt hierbei der Katalog der Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 BetrVG:

  • Nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG besteht ein Mitbestimmungsrecht in Bezug auf vom Klimaschutz betroffene Vorhaben, die Ordnung des Betriebes oder das Verhalten von Mitarbeitenden betreffen.

  • Klimafreundliche Arbeitszeitmodelle sind gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG mitbestimmungspflichtig.

  • Die Einführung von technischen Einrichtungen im Zusammenhang mit Klimaschutzbemühungen (Kontrolle von Energieverbrauch, Nachhaltigkeitsplattformen) des Arbeitgebers kann nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG mitbestimmungspflichtig sein.

  • Ökologische Zielvorgaben in Incentive- oder Bonusmodellen wären nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmungspflichtig.

  • § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG sieht ein Mitbestimmungsrecht für den Betriebsrat hinsichtlich der Ausgestaltung („des Wie“) von „mobiler Arbeit“ vor.

Es empfiehlt sich den Betriebsrat frühzeitig und transparent einzubinden. Dies ist insbesondere deshalb ratsam, da Maßnahmen zum Klimaschutz nur dann erfolgreich sein können, wenn sie kollektiv mitgetragen und zusammen umgesetzt werden.

Grenzen und Schutz für die Beschäftigten

Für die Beschäftigten stellt sich die Frage, inwieweit sie zur Mitwirkung an Klimaschutzmaßnahmen verpflichtet sind bzw. verpflichtet werden können. Grundsätzlich bedarf es einer vertragliche Grundlagen, wenn die Maßnahmen über die arbeitsvertraglichen Pflichten hinausgehen. Der Arbeitgeber muss hier den Maßstab der Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit beachten. Die geplanten Maßnahmen müssen nachvollziehbar, verhältnismäßig und angemessen sein. Weiter sind z.B. auch der Arbeits- bzw. Gesundheitsschutz (z.B. bei technischen Neuerungen oder organisatorischen Änderungen), die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und das Diskriminierungsverbot zu beachten.

Beispiele für verhältnismäßige Planung/Maßnahmen:

  • Plant der Arbeitgeber im Außendienst auf die Nutzung von E-Fahrzeugen umzustellen, muss dies mit klaren Nutzungsregelungen verbunden sein.

  • Will der Arbeitgeber ökologische Zielvorgaben in individuelle Vereinbarungen mit den Mitarbeitenden aufnehmen, müssen diese anhand klarer, messbarer und realisierbarer Kriterien vereinbart werden. Zudem bedarf es einer transparenten Kommunikation.

Ausblick: Arbeitsrecht als Steuerungsinstrument der Transformation

Der Klimaschutz wird auch im betrieblichen Kontext in den kommenden Jahren weiterhin an Bedeutung gewinnen. Dabei ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber Regularien schaffen wird, die die ökologische Verantwortung von Unternehmen auch im arbeitsrechtlichen Kontext begründen. Das Arbeitsrecht wird hierbei immer als Schnittstelle zwischen Unternehmenszielen und individuellen Arbeitnehmerrechten bestehen. Arbeitgeber sollten aber schon jetzt auf rechtssichere, faire und partnerschaftliche Regelungen hinarbeiten, um ihre ökologischen Zielen und die Interessen der Beschäftigten und damit letztlich auch ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden.

Fazit

Klimaschutz ist schon lange kein reines Marketinginstrument mehr, sondern eine rechtlich und gesellschaftlich verankerte Verantwortung von Unternehmen. Daraus ergeben sich z.T. weitreichende arbeitsrechtliche Konsequenzen. Arbeitgeber müssen daran interessiert sein, diese Themen im Rahmen eines ganzheitlichen Konzepts zu betrachten. Letztlich kommt es auf eine gute und enge Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden und den Betriebsräten an. Das Arbeitsrecht kann hierbei als Grundlage für eine erfolgreiche Umsetzung des Klimaschutzes im betrieblichen Alltag sein.

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