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Rolle rückwärts für die CSDDD – die europäische Lieferkettenrichtlinie kommt jetzt doch, oder?

van_portraits_840x840px_02_vianden.png Dr. Sabine Vianden
Lars Kussmann

März 2024

Lesedauer: Min

Am Freitag, 15. März 2024 haben die EU-Staaten im EU-Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) nach einem langen Hin und Her nunmehr für die europäische Lieferkettenrichtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive - CSDDD) gestimmt. Die ursprünglich für den 9. Februar 2024 geplante Abstimmung war zunächst abgesagt und auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Grund hierfür war, dass zahlreiche Mitgliedsstaaten – darunter Deutschland – bereits vorab ihre Enthaltung von der Abstimmung angekündigt hatten. Die finale Fassung fällt gegenüber dem bisherigen Entwurf weniger belastend für Unternehmen aus. Zwar wurde der Volltext der Richtlinie noch nicht veröffentlicht, die wichtigsten Rahmenbedingungen sind jedoch bereits bekannt. Wir möchten Ihnen einen Überblick verschaffen.

Was ist die Europäische Lieferkettenrichtlinie?

Vertreter der europäischen Mitgliedsstaaten, des europäischen Parlamentes und der Kommission hatten sich im Rahmen eines Trilogverfahrens schon am 14. Dezember 2023 auf zentrale Punkte einer europäischen Lieferkettenrichtlinie geeinigt. Diese soll Unternehmen in der EU dazu verpflichten Umwelt-, Nachhaltigkeits- und Sozialstandards entlang ihrer Wertschöpfungsketten sicherzustellen. Diese Verantwortung würde die gesamte vorgelagerte Wertschöpfungskette (Gewinnung von Rohstoffen, Produktion bei Lieferanten) und nachgelagerte Wertschöpfungskette (Verarbeitung bei Kunden, Entsorgung) betreffen. Weitere Inhalte betreffen die Implementierung der Ziele des Klimaabkommens von Paris in den erfassten Unternehmen, z.B. durch die Abhängigkeit der Managementgehälter vom Erreichen bestimmter Klimaziele. 

In den Anwendungsbereich der Richtline sollten europäische Unternehmen ab einer Größe von 500 Arbeitnehmern und einem weltweiten Nettoumsatz von 150 Millionen Euro pro Jahr fallen, sowie nicht-europäische Unternehmen ab einem Jahresumsatz von 150 Millionen Euro innerhalb der EU.

Ebenfalls in den Anwendungsbereich fallen sollten Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten und einem weltweiten Nettoumsatz von mehr als 40 Millionen Euro, sofern mindestens die Hälfte dieses Umsatzes aus einem der gelisteten „Hochrisiko-Sektoren“ stammt (Textilwirtschaft, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei, Rohstofferzeugung und -handel).

Vorerst keine Anwendungen soll die Richtlinie auf Unternehmen des Finanzsektors haben.

Bei Verletzung der Vorgaben der Richtlinie sah das Ergebnis des Trilogverfahrens für Unternehmen eine Zahlung von bis zu 5% ihres weltweiten Umsatzes vor. Als weitere Sanktion wurde der Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge vorgesehen. Größter Streitpunkt zwischen den Mitgliedsstaaten, neben den Schwellenwerten für die Anwendbarkeit der Richtlinie, war im Nachgang zu den Trilogverhandlungen die vorgesehene zivilrechtliche Haftung für Unternehmen für Verstöße entlang der gesamten Wertschöpfungskette gegenüber Betroffenen, Gewerkschaften sowie NGOs. 

Damit wären die Anforderung der Europäischen Lieferkettenrichtlinie wesentlich strenger ausgefallen, als die des deutschen Lieferkettensorgfaltsgesetzes (LkSG), welches nur die vorgelagerte Wertschöpfungskette betrifft, keine klimapolitischen Ziele verfolgt, keine zivilrechtliche Haftung begründet und erst Unternehmen ab einer Größe von 1000 Mitarbeitern erfasst.

Welche Änderungen enthält das Abstimmungsergebnis?

Um die Zustimmung von mindestens 15 Mitgliedstaaten mit einem Bevölkerungsanteil von mehr als zwei Dritteln der EU-Bürger zu erreichen, wurde der ursprünglichen Entwurf aus den Trilogverhandlungen nunmehr in wesentlichen Punkten abgeschwächt:

  • Geltung für Unternehmen ab 1000 Mitarbeitern und mit Nettoumsatz von 450 Millionen Euro.

  • Entfall der Kategorie „Hochrisiko-Sektoren“

  • Verlängerung der Übergangsfristen:

    • Für Großunternehmen mit mehr als 5000 Mitarbeitern und 1,5 Milliarden Euro Jahresumsatz drei Jahre nach Inkrafttreten

    • Für Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitern und 900 Millionen Euro Jahresumsatz vier Jahre nach Inkrafttreten.

    • Für sonstige Unternehmen im Anwendungsbereich fünf Jahre nach Inkrafttreten.

  • Keine Koppelung von Managergehältern an das Erreichen von Klimazielen.

  • Einschränkung der zivilrechtlichen Haftung:

    • Haftung gegenüber Arbeitnehmern und Gewerkschaften für "vorsätzliche oder fahrlässige" Verstöße.

    • Haftung nur für eigenes Vergehen statt Zurechnung von Vergehen von Geschäftspartnern innerhalb deren Lieferkette.

Wie geht es weiter?

Die nunmehr erzielte Einigung ist ein wichtiger Meilenstein für die CSDDD. Allerdings ist die letzte Hürde noch nicht genommen: Es fehlt noch die Zustimmung des Europaparlaments, welche noch vor den anstehenden Europawahlen im Juni 2024 erfolgen soll. Eine Einigung gilt aber nunmehr als greifbar, sodass die Richtline wohl noch diesen Sommer in Kraft treten wird.

In Deutschland ist damit mit einer – wenn auch weniger einschneidend als erwartet ausfallenden – Verschärfung des LkSG zu rechnen, denn die Richtlinie muss nach Inkrafttreten noch in nationales Recht umgesetzt werden. Hierfür hat Deutschland nach dem Inkrafttreten der Richtlinie zwei Jahre Zeit. Demnach werden spätestens 2029 alle Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, sich auf deren Vorgaben einstellen müssen. In unserer Beratungspraxis beobachten wir einen klaren Trend, dass Unternehmen sich verstärkt mit den Inhalten des LkSG und der zu erwartenden CSDDD auseinandersetzen. Dies lohnt sich bereits jetzt, denn auch Unternehmen, die nicht selbst direkt in den Anwendungsbereich fallen, sind bereits jetzt selbst als Zulieferer im Rahmen der Risikoanalyse ihrer Auftraggeber betroffen.

Wir beraten Sie gerne.

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