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Do’s und (jede Menge) Don‘ts bei der Anzeige von Massenentlassungen

van_portraits_840x840px_02_stogov.png Christina Stogov

März 2023

Lesedauer: Min

Nicht nur aber vor allem auch in der näheren Vergangenheit ist der Begriff der Massenentlassungen in den Medien sehr präsent. Nachwirkungen der Pandemie, höhere finanzielle Belastungen und fehlende Planungssicherheit führen dazu, dass immer häufiger nicht nur vereinzelte, sondern gleich mehrere Arbeitnehmer das Unternehmen verlassen müssen. Wenn dies der Fall ist, haben Arbeitgeber unter gewissen Voraussetzungen die Pflicht, eine sogenannte Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit zu erstatten.

Dabei wissen viele Arbeitgeber nicht, dass dies nicht nur für größere Unternehmen relevant ist und Fehler bei der Anzeige von Massenentlassungen oder auch eine unterlassene Anzeige zur Unwirksamkeit aller Entlassungen führt. Dies kann für Arbeitgeber sehr kostspielig sein.

Wann liegt eine Massenentlassung vor?

Viele denken beim Begriff der Massenentlassung zunächst an Hunderte von Arbeitnehmern, die ihre Kartons packen und das Unternehmen verlassen. Aus rechtlicher Sicht ist allerdings viel schneller eine Massenentlassung anzunehmen, die dann bei der Agentur für Arbeit vor Durchführung der Entlassungen anzuzeigen ist.

Welche Kenngrößen zugrunde gelegt werden, wird durch das Gesetz in § 17 KSchG vorgegeben. Die Pflicht zur Anzeige einer Massenentlassung besteht dem Gesetz nach bereits in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 Beschäftigten, wenn mehr als 5 Beschäftigte innerhalb von 30 Kalendertagen entlassen werden.

Für Arbeitgeber bedeutet dies, dass sie schneller als gedacht im Bereich einer anzeigepflichtigen Massenentlassung sind. Einen entscheidenden Vorteil stellt es dar, folgende Begriffe zu kennen, die bei der Anzeige von Massenentlassungen relevant sind:

Der Begriff der Entlassung erfasst nicht nur klassische arbeitgeberseitige Kündigungen, sondern auch mit dem Arbeitnehmer im Einvernehmen geschlossene Aufhebungsverträge und Eigenkündigungen, die durch den Arbeitgeber veranlasst sind. Zu den relevanten Kündigungen zählen dabei nicht nur betriebsbedingte Kündigungen, sondern auch verhaltens- bzw. personenbedingte Kündigungen. Nicht als anzeigepflichtige Entlassungen mitzuzählen sind hingegen außerordentliche, fristlose Kündigungen.

Das Gesetz stellt auf einen 30-Tages-Zeitraum ab. Jede Entlassung löst den Zeitraum erneut aus. Bei sonderkündigungsgeschützten Beschäftigten ist zudem besondere Vorsicht geboten: Anders als bei „normalen“ Kündigungen ist hier für die Berechnung des 30-Tages-Zeitraums entscheidend, wann der Antrag auf Zustimmung zur Kündigung bei der jeweiligen Behörde eingegangen ist.

Der Betrieb ist nicht gleichzusetzen mit Unternehmen. Es muss sich um eine unterscheidbare Einheit von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stabilität handeln. Hierbei kann bereits ausreichend sein, wenn eine Leitung gebildet ist, die einen reibungslosen Betriebsablauf vor Ort gewährleisten kann. Filialen und Zweigstellen sind daher i.d.R. als eigenständige Betriebe im Sinne der Anzeigepflicht zu betrachten. 

Da das Gesetz vorschreibt, das die „in der Regel“ Beschäftigten maßgeblich sind, ist festzustellen, wie viele Personen bei normalem Betriebsverlauf im Betrieb beschäftigt werden. Hier ist ein Zeitraum von ca. 12 Monaten vor und nach der geplanten Entlassung als Referenzbereich für die Bestimmung der Betriebsgröße bei normalem Betriebsverlauf heranzuziehen. Wichtig zu wissen ist hier, dass auch Teilzeitbeschäftigte und Beschäftigte, die weniger als sechs Monate dabei sind, mitgezählt werden. Sogar Praktikanten können unter bestimmten Voraussetzungen als Beschäftigte gewertet werden. Auch Fremdgeschäftsführer, also Geschäftsführer ohne eine Beteiligung an der Gesellschaft oder Geschäftsführer, die eine Minderheitsbeteiligung halten, sind im Rahmen einer Massenentlassung grundsätzlich mitzuzählen.

Was muss bei der Anzeige der Massenentlassung beachtet werden?

1. Nutzen Sie das Formularblatt der (Bundes-)Agentur für Arbeit zu § 17 KSchG. Dieses ist im Internet veröffentlicht und wird grundsätzlich fortlaufend aktualisiert.

2. Finden Sie die richtige Agentur für Arbeit, die für Ihren Betrieb zuständig ist. Dort, wo der Betrieb gebildet ist, an diesem Ort muss auch bei der Agentur für Arbeit die Anzeige erstattet werden.

3. Machen Sie sich klar, dass die Anzeige, bei der Agentur für Arbeit vor der ersten Entlassung eingereicht werden muss.

 

Was muss konkret angezeigt werden?

Das Formularblatt der Agentur für Arbeit enthält Felder zu sog. Muss- Angaben und zu sog. Soll-Angaben. Arbeitgeber sind nur verpflichtet, die Muss-Angaben anzugeben. Wenn Soll-Angaben nicht angeben werden, wird die Massenentlassungsanzeige nicht automatisch unwirksam.

Zwingend anzugeben sind beispielsweise: Name des Arbeitgebers, Sitz und Art des Betriebes sowie die Gründe für die geplanten Entlassungen, aber auch Zahl und Berufsgruppen der zu entlassenden und in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer.

Es sollten frühzeitig alle relevanten Daten für den betroffenen Betrieb zusammengestellt werden. Unsere Praxis hat gezeigt, dass es teilweise sehr zeitaufwendig sein kann, die entsprechenden Informationen zusammenzutragen.

Gute Vorbereitung ist alles

Wir empfehlen bereits im Vorfeld möglicher Entlassungen eine Timeline zu bilden und rechtzeitig, d.h. bereits Wochen im Voraus, alle relevanten Personaldaten zusammen zu suchen.

Es empfiehlt sich vorab die Formulare der Agentur für Arbeit anzusehen und zu prüfen, ob alle Informationen für die notwendigerweise anzugebenden Muss-Angaben vorliegen. Wichtig ist hier, dass nicht nur die Daten der zu entlassenden Arbeitnehmer eine Rolle spielen, sondern auch die der regelmäßig im Betrieb Beschäftigten.

Konsequenzen fehlerhafter oder nicht erstatteter Anzeige

Eine nicht erstattete MEA führt dazu, dass alle Entlassungen im betroffenen 30-Tages-Zeitraum unwirksam sind. Dies wiederum bedeutet, dass die Arbeitsverhältnisse nicht wirksam beendet worden sind und die Arbeitnehmer grundsätzlich weiterhin vergütet und auch beschäftigt werden müssen. Gleiches gilt für Fehler bei den Muss-Angaben.

Was sollten Arbeitgeber daher beachten?

  • Störgefühl entwickeln: Achten Sie auf den Zeitraum von 30 Tagen. Sehen Sie sich an, wie viele Entlassungen Sie geplant haben. Merken Sie sich immer die Kennziffern: mehr als 20 Arbeitnehmer; mehr als 5 Entlassungen.

  • Sorgfältig vorbereiten: Sammeln Sie alle Daten zusammen, die für die Muss-Angaben relevant sind. Hier wiegen Fehler schwer und können sehr teuer werden.

  • Rechtzeitig tätig werden: Denken Sie immer daran, die Anzeige hat zu erfolgen, bevor die Entlassung vorgenommen wurde – d.h. bevor die Kündigung zugestellt oder der Aufhebungsvertrag beidseitig unterzeichnet wurde.

Selbstverständlich stehen wir Ihnen bei der Umsetzung gerne beratend zur Seite. Sprechen Sie uns bei Fragen gerne an.