Zum Sozialschutzpaket II kommen weitere arbeitsrechtlich relevante Unterstützungsmaßnahmen
Zur Abfederung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der COVID-19-Pandemie handelt der Gesetzgeber weiter. Neben dem Sozialschutz-Paket II existieren nun weitere arbeitsrechtlich relevante Neuregelungen. Wir geben Ihnen einen Überblick:
Verbesserte Bedingungen beim Kurzarbeitergeld
Nach bisheriger Rechtslage betrug die Höhe des Kurzarbeitergeldes für kinderlose Arbeitnehmer 60 % sowie für Arbeitnehmer mit mindestens einem Kind 67 % der Nettoentgeltdifferenz zwischen pauschaliertem Soll-Entgelt und Ist-Entgelt, unabhängig von der Anzahl der Bezugsmonate.
a) Erhöhung des Kurzarbeitergeldes
Diese Prozentsätze hat der Gesetzgeber nun stufenweise angehoben, und zwar befristet bis zum 31. Dezember 2020. Voraussetzung ist, dass die Differenz zwischen Soll- und Ist-Entgelt im jeweiligen Bezugsmonat mindestens 50 % beträgt:
Ab dem 4. Bezugsmonat erhalten kinderlose Arbeitnehmer 70 % und Arbeitnehmer mit mindestens einem Kind 77 % der Nettoentgeltdifferenz;
Ab dem 7. Bezugsmonat erhalten kinderlose Arbeitnehmer 80 % und Arbeitnehmer mit mindestens einem Kind 87 % der Nettoentgeltdifferenz.
Referenzmonat für die Berechnung der individuellen Dauer des Bezugs von Kurzarbeitergeld ist der März 2020. Dies hat zur Folge, dass der erhöhte Leistungssatz erstmals im Monat Juni 2020 in Anspruch genommen werden kann. Die Betrachtung der Bezugsmonate erfolgt entsprechend der Weisungen der Bundesagentur für Arbeit vom 28. Mai 2020 arbeitnehmerbezogen. Dies bedeutet: Für jeden Arbeitnehmer ist mit Blick auf die Höhe des Leistungssatzes individuell zu prüfen, in welchem Bezugsmonat er sich seit März 2020 befindet. Wichtig ist zudem, dass die Bezugsmonate nicht zusammenhängen müssen, solange sie im Zeitraum von März 2020 bis Dezember 2020 liegen. Ebenfalls stellt die Bundesagentur für Arbeit klar, dass auf die Zahl der Bezugsmonate auch die Monate angerechnet werden, in denen die Nettoentgeltdifferenz weniger als 50 % betragen hat. Es genügt also, wenn der Arbeitnehmer im vierten oder in folgenden Bezugsmonaten seit März 2020 mindestens 50 % Entgeltausfall erlitten hat, um den höheren Leistungssatz zu erhalten.
Sämtliche diesbezüglichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit finden Sie hier.
Die Bundesagentur für Arbeit liefert auch anschauliche Beispiele:
Der Arbeitnehmer war im Zeitraum März 2020 bis Mai 2020 im Kug-Bezug mit 20 % Entgeltausfall und im Juni 2020, also im vierten Bezugsmonat, mit mindestens 50 % Entgeltausfall. Im Juni 2020, also im vierten Bezugsmonat, besteht ein Anspruch auf den erhöhten Leistungssatz – je nachdem, ob kinderlos oder nicht – von 70 % bzw. 77 %
Im weiteren Bezug ist der Arbeitnehmer im Zeitraum Juli 2020 bis August 2020 nur im Juli 2020 im Kug-Bezug mit 20 % Entgeltausfall und im September 2020 mit mindestens 50 % Entgeltausfall. Nur im September 2020, also im sechsten Bezugsmonat, besteht ein Anspruch auf den Leistungssatz von 70 % (kinderlos) bzw. 77 % (mit Kind).
b) Handlungsbedarf für Arbeitgeber
Arbeitgeber müssen die befristete Erhöhung bei der Berechnung des Kurzarbeitergeldes beachten. Außerdem sollten Arbeitgeber etwaige Aufstockungsvereinbarungen des Kurzarbeitergeldes überprüfen. Denn sozialversicherungsrechtlich sind Arbeitgeberzuschüsse zum Kurzarbeitergeld nur dann nicht dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen, soweit sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 % des Unterschiedsbetrages zwischen dem Soll- und dem Ist-Entgelt nicht übersteigen (§ 1 Abs. 1 Nr. 8 Sozialversicherungsentgeltverordnung). Wird ein höherer Zuschuss gezahlt, ist nur der übersteigende Teil beitragspflichtig.
c) Arbeitgeberzuschüsse zum Kurzarbeitergeld steuerfrei
Nach Zustimmung des Bundesrats vom 05. Juni 2020 zum so genannten Corona-Steuerhilfegesetz sind Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld nunmehr steuerfrei, soweit sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 % des Unterschiedsbetrages zwischen dem Soll- und dem Ist-Entgelt nicht übersteigen. Diese Sonderregelung gilt für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 29. Februar 2020 beginnen und vor dem 01. Januar 2021 enden. Allerdings werden die steuerfreien Arbeitgeberzuschüsse in den Progressionsvorbehalt einbezogen.
Anrechnungsfreie Hinzuverdienstmöglichkeiten für alle Berufe
Nach bisheriger Rechtslage war das Entgelt aus einer anderen während des Bezugs von Kurzarbeitergeld aufgenommenen Beschäftigung grundsätzlich auf das Kurzarbeitergeld anzurechnen. Für während der Kurzarbeit aufgenommene Nebenbeschäftigungen wird die vollständige Anrechnung des Entgelts auf das Kurzarbeitergeld befristet vom 01. April 2020 bis zum 31. Dezember 2020 ausgesetzt. In diesem Zeitraum werden Verdienste aus Nebentätigkeiten in systemrelevanten Berufen und Branchen, die während der Kurzarbeit aufgenommen wurden, bis zur vollen Höhe des bisherigen Monatseinkommens nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet. Laut den Weisungen der Bundesagentur für Arbeit gilt diese Regelung für alle Berufe und Branchen ab dem 01. Mai 2020. Entsprechend des Gesetzeswortlauts entfällt die Privilegierung für nur systemrelevante Berufe und Branchen rückwirkend jedoch schon zum 01. April 2020. Bei geringfügiger Beschäftigung („Minijobs“) erfolgt ebenfalls keine Anrechnung.
Verlängerung und Ausweitung von Entschädigungen bei Kinderbetreuung
Vor kurzer Zeit haben wir bereits ausführlich über etwaige Entschädigungsansprüche bei Kinderbetreuung in diesem Beitrag berichtet. Zwischenzeitlich hatte der Bundestag beschlossen, die Bezugsdauer solcher Entschädigungsansprüche für jede erwerbstätige Person von sechs auf zehn Wochen zu verlängern, für Alleinerziehende sogar auf bis zu 20 Wochen. Der Bundesrat stimmte am 05. Juni 2020 zu. Klargestellt hat der Gesetzgeber, dass Entschädigungsansprüche auch für erwerbstätige Personen in Betracht kommen, die hilfebedürftige Menschen mit Behinderung betreuen oder pflegen, weil deren Betreuungseinrichtungen coronabedingt geschlossen sind. Diese Regelungen treten rückwirkend zum 30. März 2020 in Kraft.
Ein Blick in die Zukunft des Kurzarbeitergeldes
Wie geht es mit dem Kurzarbeitergeld im kommenden Jahr weiter? Zahlreiche Sonderregelungen laufen zum 31. Dezember 2020 aus. Das aktuelle Eckpunktepapier des Koalitionsausschusses zum „Konjunkturpaket“ sieht diesbezüglich keine konkreten Maßnahmen vor, hebt das Kurzarbeitergeld als bewährtes Instrument in der Krise aber hervor. Im September möchten die Koalitionsspitzen „im Lichte der pandemischen Lage eine verlässliche Regelung für den Bezug von Kurzarbeitergeld ab dem 01. Januar 2021 vorlegen.“
Wir sind gespannt und werden Sie informieren.