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Kurzarbeit eingeführt – und nun?

van_portraits_840x840px_02_kast.png Dr. Matthias Kast

März 2020

Lesedauer: Min

Nebenjob, Feiertage, Krankheit – Antworten auf praxisrelevante Fragen zur Kurzarbeit

In tausenden deutscher Unternehmen und Betrieben wurden und wird in Reaktion auf die Corona-Krise bereits Kurzarbeit eingeführt bzw. steht dies unmittelbar bevor. Bei der Handhabung der Kurzarbeit stellen sich allerdings jede Menge spezifischer Einzelfragen, von denen wir einige besonders praxisrelevante beleuchten wollen:

1. Kurzarbeit und Nebenjob
Mitarbeiter dürfen grundsätzlich - mit vorheriger Zustimmung des Arbeitgebers - während der Kurzarbeit einen Nebenjob aufnehmen. Allerdings erhöht sich das sog. Ist-Entgelt um die Höhe des Nettoverdienstes aus dem Nebenjob (siehe § 106 Abs. 3 SGB III), sodass sich die Nettoentgeltdifferenz, aus der sich wiederum das KUG berechnet, im Umfang des Netto-Nebenverdienstes verringert.

Am 27.03.2020 hat nach dem Bundestag auch der Bundesrat das »Gesetz für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2 (Sozialschutz-Paket)« verabschiedet. Der maßgebliche und neu eingeführte § 421c SGB III lautet:

§ 421c Vorübergehende Sonderregelungen im Zusammenhang mit Kurzarbeit. In der Zeit vom 1. April 2020 bis 31. Oktober 2020 wird, abweichend von § 106 Absatz 3, Entgelt aus einer anderen, während des Bezugs von Kurzarbeitergeld aufgenommenen Beschäftigung in systemrelevanten Branchen und Berufen dem Ist-Entgelt nicht hinzugerechnet, soweit das Entgelt aus der neu aufgenommenen Beschäftigung zusammen mit dem Kurzarbeitergeld und dem verbliebenen Ist-Entgelt aus der ursprünglichen Beschäftigung die Höhe des Soll-Entgelts aus der Beschäftigung, für die Kurzarbeitergeld gezahlt wird, nicht übersteigt. Die während des Bezugs von Kurzarbeitergeld aufgenommenen Beschäftigungen nach Satz 1 sind versicherungsfrei zur Arbeitsförderung.

Für die Feststellung, ob und in welcher Höhe ein Entgelt aus einer anderen Beschäftigung, als der, für welche das Kurzarbeitergeld gezahlt wird, zu berücksichtigen ist, ist eine abgestufte Prüfung vorzunehmen: 

  • Schritt 1: Handelt es sich um eine Beschäftigung in systemrelevanter Branche oder Beruf? Wenn nein: § 106 Abs. 3 SGB III gilt unverändert, das Arbeitsentgelt ist in voller Höhe zu berücksichtigen.

  • Wenn ja: Schritt 2

  • Schritt 2: Handelt es sich um eine geringfügige Beschäftigung (Minijob)?

  • Wenn ja: Es wird ohne Berechnung angenommen, dass es nicht zum Überschreiten des Sollentgelts kommt.

  • Wenn nein: Schritt 3

  • Schritt 3: Soll-Entgelt ./. (Kurzarbeitergeld + Ist-Entgelt + ggf. Aufstockungsbetrag) = anrechnungsfreier Betrag

Übersteigt das Arbeitsentgelt den anrechnungsfreien Betrag, erhöht sich das pauschalierte Nettoentgelt aus dem Ist-Entgelt und das Kurzarbeitergeld reduziert sich entsprechend.

Als Beschäftigung in systemrelevanten Branchen und Berufen zählen nach der Verordnung zur Bestimmung kritischer Infrastrukturen nach dem Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (auf die die Gesetzesbegründung, S. 26, verweist):

  • Sektor Energie (Elektrizität, Mineralöl, Gas)

  • Sektor Wasser (öffentliche Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung)

  • Sektor Ernährung (Ernährungswirtschaft, Lebensmittelhandel)

  • Sektor Informationstechnik und Telekommunikation

  • Sektor Gesundheit (medizinische Versorgung, Arzneimittel und Impfstoffe, Labore)

  • Sektor Finanz- und Versicherungswesen (Banken, Börsen, Versicherungen, Finanzdienstleister)

  • Sektor Transport und Verkehr (Luftfahrt, Seeschifffahrt, Binnenschifffahrt, Schienenverkehr, Straßenverkehr, Logistik)

Darüber hinaus werden folgende Sektoren als kritische Infrastruktur angesehen:

  • Staat und Verwaltung (Regierung und Verwaltung, Parlament, Justizeinrichtungen, Notfall-/Rettungswesen einschließlich Katastrophenschutz)

  • Medien und Kultur (Rundfunk (Fernsehen und Radio), gedruckte und elektronische Presse, Kulturgut, symbolträchtige Bauwerke)

2. Kurzarbeit und Feiertage
Beim Zusammentreffen von Feiertagen und Kurzarbeit gilt Folgendes:

a) Der Feiertag fällt in die Kurzarbeit:
§ 2 Abs. 2 EntgeltfortzahlungsG sieht vor, dass dann, wenn ein Feiertag auf Kurzarbeit trifft - d.h. die Arbeitspflicht an diesem Tag (auch) aufgrund Kurzarbeit entfällt - der Arbeitsausfall »als infolge des Feiertages ausgefallen gilt«. Damit wird die Agentur für Arbeit zuungunsten des Arbeitgebers entlastet, da er für diesen Tag Feiertagslohn schuldet. Dieser Feiertagslohn ist allerdings auf das ohne den Feiertag zu zahlende Kurzarbeitergeld beschränkt (BAG 5.7.1979 AP FeiertagslohnzahlungsG § 1 Nr. 33; 20 7. 1982 NJW 1983, 2901). Der Unterschied zu regulärer Kurzarbeit außerhalb von Feiertagen ist darin zu sehen, dass der Arbeitgeber für diesen Tag keine KUG-Erstattung von der Agentur erhält, d.h. er bleibt auf dem Feiertagslohn i.H.d. Kurzarbeitergeldes »sitzen«.

Die auf den Feiertagslohn entfallenden Sozialversicherungsbeiträge muss der Arbeitgeber allein entrichten, hierfür gibt es ebenfalls keinen Ausgleich seitens der Agentur. Die Lohnsteuer hat er von dem Feiertagslohn i.H.d. Kurzarbeitergeldes einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen.

b) Der Feiertag fällt nicht in die Kurzarbeit, d.h. auf einen regulären Arbeitstag:
Sofern an dem Feiertag regulär gearbeitet worden wäre, schuldet der Arbeitgeber hierfür den regulären Feiertagslohn zuzügl. Sozialversicherungsbeiträge.

Insofern bietet es sich zur arbeitgeberseitigen Kostenentlastung an, die Kurzarbeit so zu steuern, dass der Feiertag möglichst in die Kurzarbeit fällt. Zwar schuldet der Arbeitgeber hier den Feiertagslohn (sowie die hierauf entfallenden AG-Sozialversicherungsbeiträge); allerdings ist der Feiertagslohn auf das KUG (60% resp. 67% der Nettoentgeltdifferenz) beschränkt.

3. Kurzarbeit und Krankheit
Es ist wie folgt zu differenzieren:

a) Wenn der Mitarbeiter bereits vor Beginn der Kurzarbeit erstmals arbeitsunfähig erkrankt ist, erhält er ab Beginn der Kurzarbeit für Zeit der reduzierten Arbeitsleistung (also bei KUG 80 % für 20% der Arbeitszeit) max. 6-wöchige Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber. Für den Rest (im Beispiel 80%) erhält der Mitarbeiter Krankengeld von der Krankenkasse (§ 47b IV SGB V). Sobald 6 Krankheitswochen abgelaufen sind, erhält der Mitarbeiter für die Dauer fortdauernder Erkrankung das normale Krankengeld auf der Basis des Regelentgelts vor der Erkrankung (für Zeit der Arbeit wie für Zeit des Arbeitsausfalls) von der Krankenkasse.

b) Wenn der Mitarbeiter erst mit/nach Beginn der Kurzarbeit krankheitsbedingt ausfällt, erhält er für Zeit der Arbeitsleistung erneut normale, max. 6-wöchige Entgeltfortzahlung für die Arbeitsstunden (§ 4 Abs. 3 EFZG) vom Arbeitgeber. Für Zeit des Arbeitsausfalls hat er Anspruch auf Kurzarbeitergeld; § 98 Abs. 2 SGB III. Nach Ablauf von 6 Krankheitswochen erhält der Mitarbeiter für Zeit der Arbeit wie für die Zeit des Arbeitsausfalls normales Krankengeld gem. § 47b Abs. 3 SGB V auf der Basis des Regelentgelts vor der Erkrankung von der Krankenkasse.