Was ist die reine Beitragszusage?
Die reine Beitragszusage nach § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG zeichnet sich im Gegensatz zu allen anderen Arten der Zusage auf betriebliche Altersversorgung dadurch aus, dass Arbeitgeber als Versorgungsschuldner ausschließlich die Zahlung von Beiträgen an einen Pensionsfond, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung schulden und damit ihre Verpflichtung als Versorgungsschuldner vollständig erbracht haben. Insbesondere besteht für Arbeitgeber, die eine reine Beitragszusage erteilen, keine Einstandsverpflichtung nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG. Diese Vorschrift begründet im Rahmen anderer Zusagen auf betriebliche Altersversorgung im Fall des Zahlungsausfalls von externen Versorgungsträgern eine Haftung der Versorgungsschuldnerinnen und Versorgungsschuldner für zugesagte Leistungen. Auch die grundsätzlich gesetzlich vorgesehene Insolvenzsicherung oder etwa die Pflicht zur regelmäßigen Anpassungsprüfung gelten für die reine Beitragszusage nicht.
Die reine Beitragszusage wurde seitens des Gesetzgebers durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz zum 01.01.2018 mit dem Ziel eingeführt, die betriebliche Altersversorgung als eine der drei Säulen der Altersvorsorge nochmal weiter zu verbreiten. Der Ausschluss der Haftung für Versorgungsleistungen im Leistungsfall sowie die Abwälzung des Anlagerisikos auf die Versorgungsberechtigten sollte für Arbeitgeber einen Anreiz zur Einführung solcher Versorgungssysteme bieten. Da das Betriebsrentenrecht aber generell die erteilten Zusagen und Versorgungsleistungen unter einen besonderen Schutz stellt, wurde diese weniger gesicherte Zusageart an strenge Voraussetzungen geknüpft. So soll die reine Beitragszusage nur durch Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrages in Betriebs- oder Dienstvereinbarungen abgeschlossen werden können.
Was ist seit der Einführung geschehen?
Bereits bei der Einführung von § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG war klar, dass die reinen Beitragszusagen bzw. Sozialpartnermodelle nicht wie Pilze aus dem Boden schießen werden. Naturgemäß ist im Rahmen der Vereinbarung zwischen Tarifparteien mit einer längeren Anlaufphase zu rechnen. Entsprechende Verhandlungen brauchen nun mal Zeit. Als erstes wurde im Jahr 2021 über eine Einigung auf ein Sozialpartnermodell zwischen ver.di und der Talanx-Versicherung berichtet. Da die erforderliche Unbedenklichkeitsprüfung durch die BaFin bis 2023 nicht erfolgte, kamen zwei andere Sozialpartnermodelle schneller an den Start. Zum einen gab es eine Einigung auf ein Sozialpartnermodell – inklusive einer Unbedenklichkeitserklärung seitens der BaFin – im Bereich Energie, wo sich Ende Oktober 2022 zwei Arbeitgeberverbände mit den Gewerkschaften ver.di und der IGBCE für die Mitarbeiter des Energieversorgers Uniper auf die Einführung einer reinen Beitragszusage verständigten. Kurze Zeit später vermeldete auch der ChemiePensionsfond als erstes branchenweites Sozialpartnermodell grünes Licht von der BaFin.
Die lange Dauer der Verhandlungen und insbesondere auch der Unbedenklichkeitsprüfungen der Sozialpartnermodelle durch die BaFin zeigen, welch hohen Anforderungen reine Beitragszusagen unterliegen.
Ob es auch diese hohen Anforderungen waren, die die IG Metall dazu brachten, sich Ende Oktober 2023 dem Abschluss eines Sozialpartnermodells zu verschließen, kann nur vermutet werden.
Fakt ist aber, dass die mitgliederstärkste Gewerkschaft dem seitens des Gesetzgebers als Push für die betriebliche Altersversorgung konzipierten Modell eine Absage erteilt hat. Ein herber Rückschlag für die sogenannte Nahles-Rente.
Woran krankt die reine Beitragszusage?
Das grundsätzliche Problem für die reine Beitragszusage liegt in den aus der Perspektive des Gesetzgebers nachvollziehbar hohen Anforderungen an Sozialpartnermodelle, da der Gesetzgeber stets den Schutz von Versorgungszusagen im Blick hat. Es wird in diesem Zusammenhang häufig angemerkt, dass das Risiko bei der reinen Beitragszusage auf die Versorgungsberechtigten abgewälzt würde und dies nur bei einer entsprechenden Vorabsicherung möglich sein soll. Dass nur Tarifparteien reine Beitragszusagen in Versorgungssystemen vereinbaren bzw. die Grundlage hierfür in einem Tarifvertrag setzen können, steht bereits einer generellen Verbreitung dieser Art der Zusage entgegen. Hinzu kommt, dass jedes Sozialpartnermodell auch von der BaFin noch als unbedenklich bewertet werden muss. Die Anforderungen der BaFin scheinen ebenfalls hoch zu sein, wie der Fall des ersten öffentlich wahrgenommenen Versuchs zwischen ver.di und Talanx zeigt.
Was müsste sich ändern, damit die reine Beitragszusage doch ein Erfolg wird?
Ein möglicher Hebel für die weitere Verbreitung der reinen Beitragszusage und damit der betrieblichen Altersversorgung insgesamt könnte zunächst darin bestehen, etwa die Einführung auch ohne tarifvertragliche Grundlage zu ermöglichen oder jedenfalls hinsichtlich der Unbedenklichkeitsprüfung bei der BaFin zu vereinfachen. Denkbar wäre auch, die Anforderungen eher auf die Seite der Versorgungsträger und Anbieter für die Durchführung dieser Zusagen zu verlagern. Es wäre dann an der Versicherungswirtschaft die Rahmenbedingungen für geeignete und ausreichend sichere Lösungen (etwa durch die richtige Auswahl der Kapitalanlage) zu erarbeiten. Die Risiken für die Versorgungsberechtigten könnten dadurch entsprechend begrenzt werden, wie es derzeit schon im Rahmen des Sozialpartnermodells im privaten Bankgewerbe vorgesehen ist. Der Umstand, dass ein Einstand der Arbeitgeber im Fall eines Nichterreichen von Renditezielen nicht ausgelöst wird, erlaubt auch eine etwas risikofreudigere Kapitalanlage mit den entsprechend höheren Renditechancen. Die reine Beitragszusage und Sozialpartnermodelle könnten so ein Meilenstein für renditestärkere Lösungen im Bereich der betrieblichen Altersversorgung werden.
Ob jedoch überhaupt oder gar in näherer Zukunft eine Veränderung in der Gesetzgebung erfolgen wird, ist angesichts der Zielsetzung des Schutzes der Altersversorgung nicht absehbar. Es wäre wünschenswert, wenn hierrüber jedenfalls ein Diskurs beginnen würde. Denn auch eine betriebliche Altersversorgung mit Risiko ist besser als keine.
Bis es aber so weit ist, bleiben die bekannten Instrumentarien der betrieblichen Altersversorgung, um auch jetzt schon einen Mehrwert für die Mitarbeiter anbieten zu können
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