Aus dem „Schattendasein“ in den Fokus - was Unternehmen wissen müssen
Für Entsendungen innerhalb der EU sowie Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz (im Folgenden: Mitgliedsstaaten) besteht bereits seit dem 01.05.2010 eine Mitführungspflicht der sog. A1-Bescheinigung. Diese hat in der Praxis bislang allerdings eher ein „Schattendasein“ geführt. Im vergangenen Jahr wurden die Kontrollen im Ausland, ob Geschäftsreisende die A1-Bescheinigung bei sich führen, jedoch verstärkt, sodass das Thema nunmehr in den Fokus der Unternehmen gerückt ist.
Was ist die A1-Bescheinigung und wofür ist sie notwendig?
Wenn ein Mitarbeiter im Ausland tätig wird, würden eigentlich zweimal Sozialversicherungsbeiträge anfallen: einmal die deutschen und zum anderen die im Ausland. Um eine doppelte Beitragszahlung zu vermeiden, hat die EU Verordnungen erlassen, die bestimmen, dass bei einer Entsendung zunächst nur die Regelungen des Heimatlandes gelten. Die A1-Bescheinigung dient als Nachweis dafür, dass der Arbeitnehmer den deutschen Sozialversicherungsvorschriften unterliegt und damit im Ausland keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden müssen.
Wann muss man die A1-Bescheinigung beantragen?
Die A1-Bescheinigung muss bei jeder Entsendung in einen anderen Mitgliedsstaat beantragt werden. Eine Entsendung liegt vor, wenn ein in Deutschland versicherungspflichtig Beschäftigter für den Arbeitgeber gelegentlich in einem anderen Mitgliedsstaat tätig ist. Die Dauer der Entsendung kann hierbei bis zu 24 Monate betragen. Eine zeitliche „Geringfügigkeitsgrenze“ für nur kurzfristige Entsendungen (Dienstreisen) sehen die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht vor. Die A1-Bescheinigung muss somit grundsätzlich bei jedem beruflich veranlassten Grenzübertritt (und sei er noch so kurz) beantragt werden.
Für wen und wo muss die A1-Bescheinigung beantragt werden?
Die A1-Bescheinigung muss für jede Person beantragt werden, die ihre Erwerbstätigkeit teilweise in einem anderen Mitgliedsstaat ausübt.
Wo der Antrag zu stellen ist hängt davon ab, ob der Arbeitnehmer gesetzlich oder privat krankenversichert ist.
Für Personen, die gesetzlich krankenversichert sind, ist der Antrag bei der jeweiligen Krankenkasse zu stellen. Für Privatversicherte ist der Antrag hingegen an die Deutsche Rentenversicherung Bund zu richten. Zuständig ist hier die Datenstelle der Rentenversicherung (DSRV). Für privatversicherte Mitarbeiter in einer berufsständischen Versicherung ist demgegenüber die Arbeitsgemeinschaft der Berufsständischen Versorgungseinrichtungen (ABV) zuständig. Der Antrag ist an die Datenstelle für berufsständische Versorgungseinrichtungen (DASBV) zu richten.
Wie ist der Antrag zu stellen und wie lange dauert das Verfahren?
Seit dem 01.01.2019 ist die elektronische Beantragung verpflichtend (es gibt allerdings eine Übergangsfrist bis zum 30.06.2019 in der in besonderen Einzelfällen der Antrag noch schriftlich gestellt werden kann). Der Antrag kann direkt über das Lohnabrechnungsprogramm gestellt werden.
Der Arbeitgeber soll die beantragte Bescheinigung innerhalb von drei Tagen bekommen. Die Frist beginnt allerdings nicht bereits mit Antragstellung, sondern erst, wenn die zuständige Stelle nach Auswertung der relevanten Informationen festgestellt hat, dass die Entsendevoraussetzungen erfüllt sind. Zur Zeit ist von einer Bearbeitungszeit von insgesamt ca. zwei Wochen auszugehen.
Welche Konsequenzen drohen, wenn eine Dienstreise ohne A1-Bescheinigung angetreten wird?
Wenn bei einer Dienstreise keine A1-Bescheinigung mitgeführt wird, kann dies dazu führen, dass z.B. der Zutritt zum Betriebs- oder Messegelände verweigert wird. Außerdem kann vor Ort die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen gefordert werden. Zudem ist auch die Verhängung eines Bußgeldes oder einer Strafe möglich. Darüber hinaus werden in einigen Ländern Leistungen aus der Unfallversicherung bei einem Arbeitsunfall nur gegen Vorlage der europäischen Krankenversicherungskarte und der A1-Bescheinigung gewährt.
Kann die A1-Bescheinigung auch nachträglich beantragt werden?
Die EU-Verwaltungskommission hat darauf hingewiesen, dass zwar eine Verpflichtung besteht, die A1-Bescheinigung selbst bei kurzfristigen Entsendungen zu beantragen und mitzuführen. Sie hat aber auch die Auffassung vertreten, dass Bußgelder nicht erhoben werden sollten, wenn im Einzelfall nachgewiesen werden kann, dass die Bescheinigung aus objektiven Gründen nicht rechtzeitig beantragt werden konnte oder dass die Bescheinigung bereits beantragt wurde, aber die zuständige Stelle diese noch nicht ausgestellt hat. Gerade in Belgien, Frankreich, Österreich und der Schweiz ist es aber bereits zu Schwierigkeiten mit den Kontrollbehörden gekommen, wenn die A1-Bescheinigung vor Ort nicht vorgelegt werden konnte.
Es empfiehlt sich daher den Antrag vorab zu stellen und die A1-Bescheinigung bei der Dienstreise mitzuführen.
„Dauerbescheinigung A1“ bei gewöhnlicher Beschäftigung in mehreren Mitgliedsstaaten
Sofern ein Arbeitnehmer in mindestens einem weiteren Mitgliedsstaat als Deutschland tätig ist, kann bei der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA) die „Dauerbescheinigung A1“ beantragt werden. Voraussetzung für diese Bescheinigung ist, dass der Arbeitnehmer regelmäßig widerkehrend an mindestens einem Tag im Monat oder mindestens fünf Tagen im Quartal in dem jeweiligen Staat seine Tätigkeit ausübt. Die Bescheinigung kann für jeden Mitgliedsstaat beantragt werden, in dem der Mitarbeiter regelmäßig in dem oben genannten Sinne tätig wird. Eine pauschale Ausstellung der Bescheinigung für sämtliche Mitgliedsstaaten ist hingegen, wie auch bei der A1-Bescheinigung, nicht möglich. Die Dauerbescheinigung A1 wird in der Regel für ein Jahr ausgestellt.
Fazit:
Unternehmen sollten intern einen Prozess etablieren, der gewährleistet, dass die A1-Bescheinigung vor Beginn der Dienstreise ins Ausland beantragt und an den Mitarbeiter weitergegeben wird. Um dies sicherzustellen, sollte eine Schnittstelle zwischen dem Bereich Lohn- und Gehalt (der für die Beantragung über das Lohnabrechnungsprogramm zuständig ist) und dem Verantwortlichen für die Planung und Genehmigung von Dienstreisen etabliert werden. Bei sehr kurzfristigen Dienstreisen kann die A1-Bescheinigung auch erst nachträglich beantragt werden. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass dies bei einer Kontrolle im Ausland zu Problemen führen kann und es im Einzelfall erheblichen Begründungsaufwand erfordert, warum es nicht möglich war, die Bescheinigung vorab zu beantragen. Sofern die Bescheinigung nicht rechtzeitig vor der Dienstreise vorliegt, sollte dem Mitarbeiter zumindest die Eingangsbestätigung der Antragstellung mitgegeben werden.
Gerne sind wir Ihnen bei allen notwendigen Schritten behilflich, damit Sie bestmöglich in Bezug auf die A1-Bescheinigung aufgestellt sind.
Ein Update zum Thema A1-Bescheinigung finden Sie hier.