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Datenschutz und Detektive: Wo liegen die Risiken beim Einsatz von privaten Ermittlern durch den Arbeitgeber?

Dezember 2020

Lesedauer: Min

Die jüngste Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg vom 11.09.2020 bestätigt die Rechtsprechung letzten Jahre

I. Einleitung
Es gibt Momente, in denen ein Arbeitgeber das Gefühl hat, dass der eigene Arbeitnehmer nicht ordentlich arbeitet, den Arbeitgeber belügt oder sonst irgendeine Vertragsverletzung begeht. In solchen Momenten kann bei dem Arbeitgeber das Bedürfnis entstehen, seine Vermutung bzw. seinen Verdacht mit Beweisen zu unterfüttern, damit eine rechtmäßige Kündigung ausgesprochen werden kann. Da kommt es gelegen, dass spezialisierte Detekteien ihre Dienste anbieten. Doch Vorsicht: Der Einsatz von Detektiven ist nicht ohne Risiko, denn allzu oft verstößt der Arbeitgeber gegen das Datenschutzrecht, was sowohl zu einem Sachvortrags- und Beweisverwertungsverbot der Ermittlungsergebnisse wegen einer Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrecht sowie zur Schadensersatzpflicht und Bußgeldpflicht des Arbeitgebers sowie hohen Abfindungssummen führen kann. Im Einzelnen:

II. Rechtsgrundlage für den Einsatz von Detektiven
Der § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG, welcher auf der Grundlage des Art. 88 DSGVO den allgemeinen Erlaubnistatbestand des Art. 6 DSGVO verdrängt, regelt die Verarbeitung von personenbezogenen Daten „für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses“. Darunter fallen auch solche personenbezogenen Daten, die durch Detektive außerhalb des Betriebs verarbeitet werden, um sie für Entscheidungen über und im Beschäftigungsverhältnis zu verwenden (vgl. BAG vom 19.02.2015 – 8 AZR 1007/13). 
 
Unabhängig davon, ob im Einzelfall Straftaten im Beschäftigungsverhältnis oder schwerwiegende Verstöße gegen arbeitsvertragliche Pflichten bewiesen werden sollen, kann sowohl § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG als auch § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG als speziellere datenschutzrechtliche Norm Anwendung finden, wobei die strengeren Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG auch bei der Anwendung von § 26 Abs. 1 S. 1 BSDG zu beachten sind. Das bedeutet, dass in jedem Fall eine Observation durch einen Detektiv nur dann möglich ist, wenn

  • zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht des Arbeitgebers begründen,

  • die Verarbeitung zur Aufdeckung von Straftaten bzw. schwerwiegenden Pflichtverletzungen im Arbeitsverhältnis geeignet ist,

  • die Verarbeitung darüber hinaus zur Aufdeckung erforderlich (keine milderen Mittel) ist,

  • das schutzwürdige Interesse des Mitarbeiters nicht überwiegt und hinsichtlich Art und Ausmaßes im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig ist.

Mithin genügt es nicht, wenn sich bestehende Zweifel durch die Observationen im Nachhinein bestätigen. In der jüngsten Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg vom 11.09.2020 (Az. 9 Sa 584/20) hatte der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter durch Detektive über mehrere Tage hinweg mittels Anfertigung von Fotos beobachten lassen, ohne zuvor einen auf konkrete Tatsachen gegründeten Verdacht dokumentiert zu haben. Die bloße Verwunderung des Arbeitgebers über einen prognostizierten Umsatzrückgang ohne überzeugende Erklärung des Mitarbeiters oder sehr pauschale Angaben in den Reisekostenabrechnungen ohne vorherige Bitte um Konkretisierung durch den Mitarbeiter überwinden selbst dann nicht die Schwelle des Vorliegens eines konkreten Verdachts, wenn die Ermittlungen weitere Ungereimtheiten bzw. sogar Beweise zu Tage fördern.

Darüber hinaus muss der Einsatz des Detektives geeignet sein, den Aufklärungszweck zumindest zu fördern. Die Erforderlichkeit der Beobachtung durch einen Detektiv setzt voraus, dass unter allen gleich geeigneten Mitteln dasjenige eingesetzt wird, das den Mitarbeiter am wenigsten einschränkt. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber zunächst versuchen muss durch andere, betriebsinterne Maßnahmen Beweise zu erhalten (z.B. Befragung von Mitarbeiten, Einschaltung des medizinischen Dienstes (MDK)). In der Angemessenheitsprüfung ist das Informations- und Beweisinteresse des Arbeitgebers gegen das schutzwürdige Interesse des Mitarbeiters am Schutz seiner personenbezogenen Daten abzuwägen. Vor diesem Hintergrund sollte sich der Arbeitgeber an den Wertungen der Gerichte orientieren: Insbesondere der Umstand der Heimlichkeit der Überwachung führt dazu, dass diese nur so lange wie absolut notwendig durchgeführt werden darf. Auf keinen Fall dürfen nebenbei auch Familienangehörige überwacht werden.

III. Informationsrecht des Mitarbeiters
Gemäß Art. 14 DSGVO und § 33 BDSG muss der Mitarbeiter nach Abschluss der Beobachtung durch einen Detektiv über die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten informiert werden.

IV. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates
Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates besteht dann, wenn die Beobachtung der Arbeitnehmer mittels technischer Einrichtungen (Fotoapparat, Videokamera etc.) erfolgt (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG). Sofern der Detektiv in ein Unternehmen eingeschleust wird und so den Arbeitnehmer überwacht, liegt eine betriebliche Eingliederung gem. § 99 BetrVG vor, die ebenfalls mitbestimmungspflichtig ist.

V. Risiken
Sofern die Beobachtung des Mitarbeiters datenschutzrechtlich zulässig ist, können die gefundenen Beweise im Prozess verwertet werden und der Detektiv als Zeuge im Prozess gehört werden. Darüber hinaus hat der Arbeitgeber gegen den Mitarbeiter möglicherweise einen Anspruch auf Zahlung der angefallenen Detektivkosten.

Wenn die die Beobachtung des Mitarbeiters allerdings datenschutzrechtlich unzulässig ist, besteht ein Sachvortrags- und Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der Ergebnisse der Beobachtung durch den Detektiv und der Arbeitgeber muss die Kosten für die Beauftragung des Detektives selbst zahlen. Darüber hinaus besteht für den Arbeitgeber das Risiko, dass der Mitarbeiter eine Entschädigungszahlung gem. § 823 BGB wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 GG geltend macht. Aus dem Erwägungsgrund Nr. 146 S. 4 zur DSGVO geht hervor, dass ein Schadensersatzanspruch darüber hinaus auch auf Art. 82 Abs. 1 DSGVO gestützt. werden kann. Ebenso drohen Strafzahlungen wegen Verstößen gegen die Datenschutzregelungen nach BDSG und DSGVO (bis zu einer Höhe von 4 % des weltweiten Jahresumsatzes). Unabhängig davon kann der Mitarbeiter im Prozess einen Auflösungsantrag gem. § 9 KSchG wegen Unzumutbarkeit der Fortführung des Arbeitsverhältnisses stellen. Im jüngsten Fall vor dem LAG Berlin- Brandenburg lag die Höhe der Abfindung bei der nicht geringen Summe von EUR 31.925,65.

Kurzum: Beim Einsatz von privaten Ermittlern zur Beobachtung von Mitarbeitern ist Vorsicht geboten. Der Arbeitgeber sollte vor einer Beauftragung insbesondere prüfen, ob die Sicherung von Beweisen nicht auch auf anderen Wegen möglich ist.

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