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Vorsicht bei Befristungen

van_portraits_840x840px_17_kaul.png Christoph Kaul

Februar 2019

Lesedauer: Min

Das BAG hat seine Rechtsprechung zur sachgrundlosen Befristung trotz Vorbeschäftigung aufgegeben

Anlass für das Bundesarbeitgericht, die Möglichkeit der befristeten Beschäftigung weiter einzuschränken, war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das der jahrelangen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine klare Absage erteilte. Darüber hatten wir hier berichtet.

Frühere Rechtslage
Entgegen heftiger Kritik hat das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2011 (Urteil vom 06.04.2011 – Az.: 7 AZR 716/09) das so genannte Vorbeschäftigungsverbot eingeschränkt. Danach konnten Arbeitnehmer ohne Sachgrund für die Dauer von bis zu zwei Jahren befristet beschäftigt werden, wenn sie bereits zuvor einmal bei dem Arbeitgeber beschäftigt waren. Einzige Voraussetzung war, dass die Vorbeschäftigung mehr als drei Jahre vor der erneuten Beschäftigung zurück lag. Ein gesetzlicher Anknüpfungspunkt für diese Rechtsprechung existierte jedoch nicht.

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Im Sommer letzten Jahres entschied das Bundesverfassungsgericht, dass diese Rechtsprechung keine gesetzliche Grundlage hatte. Die bislang vorgenommene Auslegung des Vorbeschäftigungsverbots auf den Zeitraum innerhalb der letzten drei Jahre, so das Bundesverfassungsgericht, entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers. Insbesondere aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich: Eine sachgrundlose Befristung zwischen denselben Arbeitsvertragsparteien soll grundsätzlich nur einmal und nur bei der erstmaligen Einstellung zulässig sein. Ausnahmen vom Verbot der Vorbeschäftigung seien aber möglich, wenn die Gefahr einer Kettenbefristung gerade nicht bestehe oder das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform erhalten bleibe, beispielsweise wenn eine Vorbeschäftigung sehr lang zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist.

Neue Rechtslage
Vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat das Bundesarbeitsgericht am 23. Januar 2019 (Az.: 7 AZR 733/16) eine Kehrtwende seiner Rechtsprechung vollzogen und entschieden, dass die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrages unzulässig ist, wenn zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber acht Jahre zuvor ein Arbeitsverhältnis von etwa eineinhalbjähriger Dauer bestanden hat, das eine vergleichbare Arbeitsaufgabe zum Gegenstand hatte. Eine Ausnahme vom Vorbeschäftigungsverbot lehnte das oberste Arbeitsgericht ab. Das Arbeitsverhältnis liege acht Jahre und damit nicht »sehr lang« zurück. Auch einen Vertrauensschutz verneinte das Bundesarbeitsgericht: Denn bei Abschluss der Verträge mit dem Arbeitnehmer habe der Arbeitgeber jedenfalls die Möglichkeit in Betracht ziehen müssen, dass die damals umstrittene Rechtsprechung vom Bundesverfassungsgericht verworfen werde.

Praxisfolgen
Überprüfen Sie unbedingt die aktuell sachgrundlos befristeten Arbeitsverträge. Insbesondere die sachgrundlosen Befristungen, bei denen eine Vorbeschäftigung acht Jahre oder weniger zurückliegt, sind nunmehr unzulässig. Damit enden diese Arbeitsverhältnisse nicht mit dem vereinbarten Befristungsende, sondern bestehen unbefristet fort. Allerdings muss der Arbeitnehmer diesbezüglich rechtzeitig eine Klage auf Entfristung beim zuständigen Arbeitsgericht erheben. Offen bleibt, in welchen Fällen eine sachgrundlose Befristung nunmehr (noch) zulässig ist.