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#MeToo und #TimesUp – Was gilt im Hinblick auf sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz?

Zu Beginn dieses Jahres fand in den USA die Verleihung der Golden Globes statt. Von der Veranstaltung in Erinnerung geblieben sein dürfte jedoch weniger die Liste der Preisträger als vielmehr die nahezu geschlossen schwarze Abendgarderobe der Hollywood-Stars, die im Zeichen der #TimesUp-Initiative ein Statement gegen sexuelle Belästigung setzen wollten.

Das Thema sexuelle Belästigung ist allgegenwärtig. Es kann nicht nur am Filmset in Hollywood, sondern genauso in Unternehmen jeder Art und Größe relevant werden. Daher lohnt sich eine Auseinandersetzung mit den rechtlichen Fragen rund um diese Thematik.

Wie wird sexuelle Belästigung definiert?

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) definiert sexuelle Belästigung wie folgt:

  • Ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören,

  • welches bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

Schutzpflicht des Arbeitgebers

§ 12 AGG statuiert die allgemeine Verpflichtung des Arbeitgebers, seine Beschäftigten vor sexueller Belästigung zu schützen. Dieser Schutzauftrag umfasst zum einen präventive Maßnahmen, zum anderen muss nach einem Vorfall durch repressive Maßnahmen der künftige Schutz der Beschäftigten gewährleistet werden. Jeder Arbeitgeber hat daher eine Beschwerdestelle für betroffene Beschäftigte einzurichten. Außerdem muss er die Inhalte des AGG im Betrieb bekannt machen. Zu diesem Zweck bietet es sich an, AGG-Schulungen für die Beschäftigten anzubieten.

Arbeitnehmerrechte bei sexueller Belästigung

Ein von sexueller Belästigung betroffener Beschäftigter hat zunächst einmal das Recht, sich bei der zuständigen Stelle des Betriebs zu beschweren.

Ergreift der Arbeitgeber daraufhin keine oder offensichtlich ungeeignete Maßnahmen, hat der Betroffene ein Leistungsverweigerungsrecht, d.h. er ist berechtigt, seine Tätigkeit ohne Verlust des Arbeitsentgelts einzustellen, soweit dies zu seinem Schutz erforderlich ist.

Ferner kann einem von sexueller Belästigung betroffenen Beschäftigten aus § 15 AGG gegebenenfalls ein Anspruch auf Entschädigung (Schmerzensgeld) oder Schadensersatz (z.B. Therapiekosten, die wegen der sexuellen Belästigung entstehen) gegen den Arbeitgeber zustehen. Im Fall sexueller Belästigungen durch Beschäftigte mit Vorgesetztenfunktion kann deren Verschulden dabei dem Arbeitgeber regelmäßig zugerechnet werden. Bei sexuellen Belästigungen durch sonstige Beschäftigte kann sich eine Haftung des Arbeitgebers insbesondere dann ergeben, wenn er die erforderlichen Schutzmaßnahmen (§ 12 AGG) nicht ergriffen hat.

Sanktionsmaßnahmen im Belästigungsfall

Verstößt ein Beschäftigter gegen das Verbot der sexuellen Belästigung, hat der Arbeitgeber die im Einzelfall erforderlichen verhältnismäßigen Maßnahmen zu ergreifen. Namentlich sind dies Ermahnung, Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung.

Eine Auswertung der zu dieser Thematik ergangenen Rechtsprechung zeigt, dass Kündigungen wegen sexueller Belästigung in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung nicht selten am Fehlen einer vorangegangenen Abmahnung scheitern. So gab das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2014 in einer mit viel medialer Aufmerksamkeit bedachten Entscheidung (Urteil vom 20.11.2014 – Az. 2 AZR 651/13) der Kündigungsschutzklage eines Automechanikers, der einer Reinigungskraft in einem Sozialraum an die Brust gefasst hatte, mit der Argumentation statt, eine Abmahnung als milderes Mittel wäre ausreichend gewesen, da keine Wiederholungsgefahr bestanden habe. Der Vorfall sei – wohlgemerkt unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls – als »einmalige Entgleisung« einzuordnen gewesen.

Selbstredend gibt es aber auch Fälle, in denen eine Abmahnung vor Kündigungsausspruch entbehrlich ist, nämlich immer dann, wenn erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach einer Abmahnung nicht zu erwarten wäre oder bei so schweren Pflichtverletzungen, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und somit offensichtlich auch für den Beschäftigten erkennbar ausgeschlossen ist.

Fazit

Arbeitgeber sollten ihre Schutzpflicht den Beschäftigten gegenüber ernst nehmen. Es liegt in ihrer Hand, in ihrem Betrieb durch Information und Prävention ein Grundverständnis zu etablieren, welches umfasst, dass sexuelle Belästigung als unter keinen Umständen tolerierbares Verhalten betrachtet wird.

Sollte es dennoch einmal zu einem Vorfall kommen, so ist genau abzuwägen, welche Maßnahme im Einzelfall erforderlich und verhältnismäßig ist. Rechtfertigt der Sachverhalt mangels Wiederholungsgefahr oder mangels Schwere des Vergehens keine Kündigung, so ist der betreffende Beschäftigte zumindest konsequent abzumahnen, um so entweder durch die Warnfunktion der Abmahnung zu erreichen, dass sich das belästigende Verhalten des Beschäftigten nicht wiederholt, oder um die Voraussetzung für eine Kündigung im Wiederholungsfall zu schaffen.