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Der Fachkräfte-Booster soll kommen – auch für nicht-akademische Berufe

Januar 2023

Lesedauer: Min

Die deutsche Wirtschaft steht unter Druck und das nicht erst seit Energiekrise, Inflation und Corona-Pandemie. Schon etliche Jahre haben Unternehmen die Lücke an qualifizierten Fachkräften als Wachstumshemmnis identifiziert. Vor allem das Handwerk und die Pflege ächzen unter den unbesetzten Stellen und suchen nach kurzfristigen Lösungen. Dabei gilt es schon lange als ausgemacht, dass die Erwerbs- und Ausbildungsmigration das zentrale Element zur Bekämpfung des Fachkräftemangels darstellt.

Entsprechend sollte das Fachkräfteeinwanderungsgesetz im Jahr 2020 für Entlastung sorgen. Doch zwei Jahre später macht sich Ernüchterung breit, denn auch 2022 werden weiterhin Negativrekorde verzeichnet – auf bis zu 1,8 Millionen fehlende Arbeitskräfte wird die Lücke laut Industrie- und Handelskammertag beziffert. Hiergegen möchte die Ampel-Koalition vorgehen und hat ein Eckpunktepapier zur Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten vorgelegt, dessen Inhalte als Gesetzentwürfe im ersten Quartal 2023 beschlossen werden sollen. Die Pläne sind ambitioniert; doch sollten sie umgesetzt werden, haben sie das Potential einen echten Mehrwert zu schaffen.

Drei Säulen zum Erfolg

Nach den Vorstellungen der Bundesregierung soll die Erwerbszuwanderung zukünftig auf drei Säulen gestützt werden:

  • Fachkräfte = Anerkannte ausländische Qualifikation (Ausbildung/Hochschulabschluss)

  • Erfahrung = Erwerbszuwanderung ohne vorherige formale Anerkennung

  • Potential = Aufenthalt zur Arbeitsplatzsuche bei nachgewiesenem Potential

Oberstes Ziel sind dabei praktische Erleichterungen für ausländische Fachkräfte auf dem Weg in die Erwerbstätigkeit. Hierzu sollen bürokratische Hürden abgebaut und ein schnellerer Zugang zu einem Job eröffnet werden. Denn bisher müssen ausländische Fachkräfte in einem umfangreichen Anerkennungsverfahren nachweisen, dass ihr ausländischer Qualifikationserwerb den deutschen Anforderungen entspricht, bevor sie hierzulande tätig werden dürfen.

In akademischen Berufen, die nicht reglementiert sind, gelingt dies vergleichsweise einfach, da sich ein internationaler Hochschulstandard etabliert hat und die sog. Gleichwertigkeit im Regelfall vorliegt. Anders beim Anerkennungsverfahren für nicht-akademische Berufe. Hier fehlt ein weltweit einheitlicher Standard der Berufsausbildungen, so dass die vollwertige Anerkennung häufig einem Glücksspiel gleicht. Daher verwundert es nicht, dass 46 Prozent der Anträge auf Anerkennung einer ausländischen Berufsausbildung mit einer nur teilweisen Gleichwertigkeit beschieden werden.

Um in einem solchen Fall einer dauerhaften Erwerbstätigkeit in Deutschland nachgehen zu können, müssen Drittstaatsangehörige zusätzliche und teilweise umfangreiche Qualifizierungs- und Ausgleichsmaßnahmen erbringen. Dies verzögert den Start der Erwerbstätigkeit und erschwert die Personalplanungen von Unternehmen, so dass von diesen Kandidaten häufig Abstand genommen wird.

Pragmatische Ideen zur Förderung der Erwerbszuwanderung

Dem will die Bundesregierung entgegentreten, in dem sie unter bestimmten Voraussetzungen Drittstaatsangehörigen auch ohne vorherige formale Anerkennung ihres Abschlusses, die Erwerbszuwanderung nach Deutschland ermöglichen will.

Insbesondere soll der Vergleich mit einem Referenzberuf in Deutschland entfallen, wenn der Drittstaatsangehörige

  • eine zweijährige Berufserfahrung in dem Beruf, der ausgeübt werden soll, nachweisen kann und

  • ein im Heimatland staatlich anerkannter Berufs- oder Hochschulabschluss mit zweijähriger Ausbildungsdauer vorliegt.

Daneben sollen Drittstaatsangehörige die Möglichkeit bekommen, bereits vor Einleitung des Anerkennungsverfahrens in Deutschland in dem voraussichtlichen Zielberuf beschäftigt zu werden. Auch soll zu Beginn auf den konkreten Nachweis der Sprachkenntnisse verzichtet und die Sprachanforderungen vielmehr in das Ermessen des zukünftigen Arbeitgebers gestellt werden. Darüber hinaus soll die teilweise Gleichwertigkeit einer Berufsausbildung gestärkt werden und einen direkten Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen. Auch hierbei soll es zukünftig maßgeblich auf die Einschätzung der Arbeitgeber ankommen.

Weitere Schritte sind die Intensivierung von Werbemaßnahmen im Ausland, die Zusammenarbeit mit Drittstaaten für einheitliche Ausbildungsstandards sowie die Verbesserung der Verfahren und Prozesse durch Digitalisierung, Beschleunigung und Transparenz.

Erwerbszuwanderung zukünftig leicht gemacht?

All dies zeigt, die Bundesregierung hat offensichtlich verstanden, dass es im Bereich der Erwerbszuwanderung eine größere Hands-On-Mentalität braucht und keine zusätzlichen Formulare. Positiv hervorzuheben ist, dass die Einschätzung der Unternehmen über die Art und Weise der Beschäftigung von ausländischen Fachkräften endlich eine Rolle spielen und das Wohl und Wehe der Erwerbszuwanderung nicht allein von Ausländerbehörden, Botschaften sowie den Industrie- und Handelskammern abhängen. Dies ist richtig, denn es sind die Unternehmen, die aufgrund der Anforderungen eines Jobs bewerten können, ob die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Kandidaten geeignet sind.

Für Unternehmen sind all dies grundsätzlich gute Nachrichten, da sie Zugriff auf eine neue Gruppe von Arbeitskräften erhalten, welche bisher systembedingt keinen Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erhielten. Insbesondere das Handwerk dürfte so von einer Vielzahl praxiserfahrener Arbeitskräfte profitieren. Aber auch mit den neuen Plänen bleibt das gesamte Zuwanderungsverfahren bürokratisch und kompliziert. Gerade kleine und mittlere Unternehmen dürften in der Praxis vor der Vielzahl an komplexen Rechtsfragen zurückschrecken. Wollen Arbeitgeber eine Stelle mit einem Drittstaatsangehörigen besetzen und dies möglicherweise unter hohem Zeitdruck, dann ist ihnen weiterhin zu empfehlen, für das Verfahren mit der zuständigen Behörde einen erfahrenen Berater hinzuziehen.

Hierbei sind wir Ihnen mit unserem CoE International Recruiting gern behilflich.

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