Sachgrundlos befristete Arbeitsverträge sollen erhebliche Einschränkungen erfahren. Eine Einordnung
Es ist vollbracht! Nach nächtelangem Tauziehen liegt seit dem 07.02.2018 der zwischen CDU, CSU und SPD ausgehandelte Koalitionsvertrag vor. Einer der zentralen Streitpunkte zwischen den möglichen Koalitionspartnern war das Schicksal von sachgrundlos befristeten Arbeitsverträgen, die nach dem Koalitionsvertrag erhebliche Einschränkungen erfahren sollen.
Die Auffassung der möglichen Koalitionspartner zur Zweckmäßigkeit der sachgrundlosen Befristung liegt weit auseinander. Die einen sehen in der sachgrundlosen Befristung ein nützliches Instrument zur Flexibilisierung von Arbeitsverhältnissen sowie eine sinnvolle Möglichkeit in eine anschließende unbefristete Beschäftigung zu wechseln, während andere darin lediglich eine Umgehung des Kündigungsschutzes sowie den Hauptgrund für die Zunahme von instabilen Arbeitsverhältnissen erblicken.
Eine vollständige Abschaffung der sachgrundlosen Befristung konnte die SPD in den Verhandlungen zwar nicht erwirken, allerdings sieht der Koalitionsvertag gravierende Einschränkungen für die Begründung und Durchführung dieser Befristungsform vor.
Höchstgrenze von sachgrundlosen Befristungen
Der Koalitionsvertrag sieht zunächst vor, dass Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten nur noch maximal 2,5 Prozent der Belegschaft sachgrundlos befristen dürfen. Sofern diese Quote überschritten wird, gilt jedes weitere sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnis als unbefristet zustande gekommen. Die Quote soll dabei jeweils auf den Zeitpunkt der letzten Einstellung ohne Sachgrund bezogen werden. Leiharbeitnehmer dürften bei der Zahl der Beschäftigten allerdings nicht mitzuzählen sein.
Durch diese Regelung wird die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung stark eingeschränkt. Im Ergebnis führt diese nämlich dazu, dass in einem Unternehmen mit 100 Arbeitnehmern nur noch 2,5 Arbeitnehmer (!) sachgrundlos befristet beschäftigt werden dürfen. Rein praktisch wirft dies die Frage auf, ob eine Aufrundung auf 3 oder eine Abrundung auf 2 Arbeitnehmer erfolgen muss, die sachgrundlos befristet angestellt werden dürfen. Letzteres wird wohl im Hinblick auf den Zweck der Regelung, sachgrundlose Befristungen einzudämmen, der Fall sein.
Die Zahl von 75 Beschäftigten, bei der die Regelung gelten soll, dürfte eine Kompromisslösung der möglichen Koalitionäre sein. Ein sachlicher Grund hierfür ist nicht ersichtlich. Es ist auch im Hinblick auf das Ziel der Regelung, Missbrauch bei sachgrundlosen Befristungen vorzubeugen, nicht einleuchtend, warum Unternehmen bis zu 75 Beschäftigten jeden neuen Arbeitnehmer sachgrundlos befristet einstellen können sollen und solche ab 76 Beschäftigte der Grenze von 2,5 Prozent unterfallen.
Bei der Ausgestaltung des Vorhabens wird ein Augenmerk darauf zu richten sein, ob die Quote betriebsbezogen oder unternehmensbezogen zu berechnen sein wird. Auf Grund des Wortlautes des Koalitionsvertrages, der nur auf den »Arbeitgeber« abstellt, ist eine unternehmensbezogene Auslegung wahrscheinlich.
Begrenzung der Maximaldauer
Neben dieser erheblichen Einschränkungen der sachgrundlosen Befristung in quantitativer Hinsicht, enthält der Koalitionsvertrag auch eine Einschränkung der zeitlichen Komponente. Eine sachgrundlose Befristung soll nur noch 18 Monate statt bisher 24 Monate zulässig sein. Zudem soll im Rahmen dieser Gesamtdauer nur noch eine einmalige statt bisher eine dreimalige Verlängerung möglich sein. Auch dies schränkt die Flexibilität für Arbeitgeber deutlich ein.
Kettenbefristung
Der Koalitionsvertrag sieht aber nicht nur Änderungen bei der sachgrundlosen, sondern auch bei der Befristung mit Sachgrund vor. Auch sogenannte Kettenbefristungen möchte die mögliche neue Koalition einschränken und zwar unabhängig davon, ob eine sachgrundlose oder eine Befristung mit Sachgrund vorliegt.
Hierzu sieht der Koalitionsvertrag vor, dass eine Befristung des Arbeitsverhältnisses nicht zulässig sein soll, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein unbefristetes oder ein oder mehrere befristete Arbeitsverhältnisse mit einer Gesamtdauer von fünf oder mehr Jahren bestanden haben. Bei der Berechnung der Höchstdauer sollen Tätigkeiten des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber als Leiharbeitnehmer -egal ob über ein oder mehrere Verleihunternehmen- angerechnet werden. Ein erneutes befristetes Arbeitsverhältnis bei demselben Arbeitgeber nach Erreichen der fünfjährigen Höchstdauer soll erst nach Ablauf einer Karenzzeit von drei Jahren möglich sein. Bei der Sachgrundbefristung gibt es eine solche Karenzzeit sowie auch eine Höchstdauer bislang nicht. Dies wäre vor allem im Bereich des öffentlichen Dienstes mit einem vergleichsweise hohen Anteil von wiederholten Sachgrundbefristungen ein Einschnitt.
Eine Ausnahme von der Regelung soll es lediglich für den Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Nr. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz wegen der Eigenart des Arbeitsverhältnisses (Künstler, Fußballer) geben.
Rechtsfolge
Bei einem Verstoß gegen die geplanten Neuregelungen der Koalitionspartner sieht der Koalitionsvertrag jeweils die automatische Begründung eines unbefristeten Arbeitsvertrages vor.
Fazit:
Durch die Umsetzung der Vorhaben zu befristeten Arbeitsverhältnissen im Koalitionsvertrag geht Arbeitgebern bei der Gestaltung von Arbeitsverhältnissen ein wichtiges Flexibilisierungsinstrument im Wesentlichen verloren. Gleichzeitig wird der Bürokratieaufwand zur Vermeidung unbefristeter Arbeitsverhältnisse steigen. Ob die große Koalition sich hier tatsächlich auf das dringendste arbeitsrechtliche Problem fokussiert hat, ist mehr als zweifelhaft.