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»Mind the step« – Wann ein fal­scher Tritt im Ho­me-Of­fice als Ar­beits­un­fall gilt

Januar 2019

Lesedauer: Min

Erneut hatte sich das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 27.11.2018 - B 2 U 28/17 R) mit der Frage zu beschäftigen, ob es sich bei einem Sturz der im Home-Office tätigen Arbeitnehmerin um einen gesetzlich unfallversicherten Arbeitsunfall handelt. Im Mittelpunkt stand - wie schon oftmals - die häusliche Wohnungstreppe und die Entscheidung darüber, ob mit dem Hinabsteigen der Treppe ein versicherter Betriebsweg zurückgelegt wurde. 

Was war geschehen?

Eine Arbeitnehmerin übt ihre Tätigkeit überwiegend von ihrem Home-Office aus, das sie im Keller ihres Wohnhauses eingerichtet hat. Auf dem Weg zu ihrem Home-Office rutschte sie (mit dem Laptop unter dem Arm) beim Hinabsteigen der Kellertreppe auf einer Stufe ab, stürzte und verletzte sich. Die Arbeitnehmerin wollte ihr Home-Office aufsuchen, um dort über ihren Laptop ein verabredetes Telefonat mit ihrem Vorgesetzten zu führen.

Urteil des BSG vom 27.11.2018 – B 2 U 28/17 R

Das BSG bejahte in seiner Entscheidung – zu der bisher nur ein Terminsbericht vorliegt – die Annahme eines Arbeitsunfalls, da die Arbeitnehmerin zum Unfallzeitpunkt einen versicherten Betriebsweg zurücklegte. Betriebswege sind Wege, die in Ausübung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt werden. Sie werden im unmittelbaren Betriebsinteresse unternommen. Dies nahm das BSG vorliegend an, da das Telefonat der Arbeitnehmerin mit ihrem Vorgesetzten zu den Aufgaben gehörte, die im Interesse des Unternehmens standen.

Bisherige Rechtsprechungslinie

Das BSG bleibt damit seiner bisherigen Rechtsprechungslinie treu. Zwar hat es in seiner früheren Rechtsprechung bei der Feststellung eines Betriebswegs im häuslichen Bereich an die Häufigkeit der betrieblichen Nutzung des konkreten Unfallorts anknüpft. In seinem Urteil vom 05.07.2016 (Az.: B 2 U 5/15 R) hat das BSG jedoch bereits Zweifel geäußert, ob an dieser Rechtsprechung festzuhalten ist. Mit seinem Urteil vom 31.08.2017 (Az.: B 2 U 9/16) konkretisierte das BSG dann seine Rechtsprechung wie folgt:

Es ist künftig nicht mehr auf die Häufigkeit der »betrieblichen« Nutzung des konkreten Unfallortes abzustellen. Ob ein Weg im unmittelbaren Unternehmensinteresse zurückgelegt wird und deswegen im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, bestimmt sich vielmehr nach der objektiven Handlungstendenz des Versicherten, also danach, ob dieser bei der zum Unfallereignis führenden Verrichtung eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird. Entscheidend ist daher, welche konkrete Verrichtung mit welchem Zweck der Arbeitnehmer in dem Moment des Unfalls ausübte.

Es bleibt demnach dabei, dass eine Arbeitnehmerin, die ihr Home-Office verlässt, um in der ein Stockwerk tiefer liegenden Küche Wasser zum Trinken zu holen und dabei auf der Treppe stürzt, in ihrem persönlichen Lebensbereich ausgerutscht ist (siehe hierzu bereits unseren Beitrag aus Juli 2016). Ein Arbeitsunfall liegt nicht vor.

Klarheit für alle »Treppenstürze« im Home-Office?

In dem der jüngsten Entscheidung des BSG zugrundeliegenden Sachverhalt war die objektive Handlungstendenz der Arbeitnehmerin und somit die Annahme eines Betriebsweges aufgrund der dienstlichen Aspekte (verabredetes Telefonat und Laptop unter dem Arm) gut zu begründen. Allerdings wird es in den meisten Fällen nur schwer festzustellen sein, ob das Herabschreiten der Treppe privat oder beruflich veranlasst war. Nach wie vor sind für diese Feststellung die gesamten Umstände des Einzelfalles (wie z.B. der konkrete Ort und der Zeitpunkt des Unfalls) zu berücksichtigen. 

Fazit

Arbeitgeber sollten ihre Arbeitnehmer weiterhin auf die Grenzen des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes und mögliche alternative Absicherungsmöglichkeiten hinweisen.