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15% Zuschuss – Ja? Nein? Vielleicht? Und ab wann? – Das BAG positioniert sich erstmals zum Arbeitgeberzuschuss bei Entgeltumwandlung

van_portraits_840x840px_03_schuermann.png Malte Schürmann

April 2022

Lesedauer: Min

Die Entscheidund das BAG vom 08. März 2022

Spätestens seit dem 01. Januar 2022 sehen sich Arbeitgeber grundsätzlich der gesetzlichen Zuschusspflicht zur Entgeltumwandlung ausgesetzt. Echte Ausnahmen hiervon sind nur durch tarifvertragliche Regelungen möglich. Das Bundesarbeitsgericht hat sich nunmehr kürzlich mit Detailfragen zu dieser Thematik befasst. Zeit für eine erste Einordnung.

Einleitung
Grundsätzlich ist der Arbeitgeber nach § 1a Abs. 1a BetrAVG verpflichtet, einen Zuschuss zur Entgeltumwandlung seiner Arbeitnehmer:innen zu leisten, soweit er durch die Umwandlung von Entgeltbestandteilen Sozialversicherungsbeiträge erspart. Diese Pflicht wurde mit Wirkung zum 01. Januar 2019 durch das Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BSRG) eingeführt und gilt seitdem für alle neu vereinbarten Entgeltumwandlungen. § 26a BetrAVG enthält eine Übergangsregelung („Schonfrist“), nach der für bereits vor dem 01. Januar 2019 erteilte Zusagen eine Zuschusspflicht erst ab dem 01. Januar 2022 besteht.

In zwei weitbeachteten Verfahren hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 08. März 2022 nun Entscheidungen in Bezug auf diesen verpflichtenden Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung getroffen. Auch wenn die Entscheidungsgründe aktuell noch nicht bekannt sind, lassen sich bereits erste Rechtsauffassungen des 3. Senats erkennen, die aufgrund der Praxisrelevanz einer ersten Einordnung bedürfen. Was bedeuten diese Entscheidungen für die Praxis? Worauf sollten Arbeitgeber jetzt achten?

Hintergrund der Entscheidungen
Die Entscheidungen ergingen in zwei Verfahren, in denen Versorgungsberechtigte einen Zuschuss zur Entgeltumwandlung von ihrem Arbeitgeber verlangten. In beiden Verfahren spielte eine tarifvertragliche Regelung – aus dem Tarifvertrag zur Altersversorgung zwischen dem Landesverband Niedersachsen und Bremen der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie e.V. und der IG Metall aus dem Jahr 2008 – eine entscheidende Rolle. Dieser Tarifvertrag regelt grundsätzlich die Möglichkeit für Arbeitnehmer Entgeltumwandlung zu betreiben. Weiter sieht der Tarifvertrag vor, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmern einen sogenannten Altersvorsorgegrundbetrag gewährt, der zusätzlich zum umgewandelten Entgelt in der Entgeltumwandlung genutzt werden kann. Die Parteien des einen Verfahrens waren beide tarifgebunden, während in dem anderen Verfahren ein normativ anwendbarer Haustarifvertrag von 2019 auf den genannten Tarifvertrag von 2008 verwies.

Wie entschied das Bundesarbeitsgericht?
Das BAG kam im Verfahren, in dem der genannte Tarifvertrag direkt Anwendung fand, zu dem Ergebnis, dass ein Anspruch auf einen zusätzlichen Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung gem. § 1a Abs. 1a BetrAVG aufgrund der Übergangsregelung in § 26a BetrAVG bis zum 31. Dezember 2021 nicht bestand. Die dort verankerte „Schonfrist“ für Versorgungszusagen auf Entgeltumwandlung, die bereits vor dem 01. Januar 2019 bestanden haben, greift auch vorliegend ein, so dass der Anspruch auf den gesetzlichen Arbeitgeberzuschuss erst ab dem Jahr 2022 besteht. Der genannte Tarifvertrag von 2008 enthält nach Auffassung des BAG einen Anspruch auf Entgeltumwandlung und Regelungen zu dessen Ausgestaltung. Es handelt sich um eine kollektivrechtliche Entgeltumwandlungsvereinbarung, so dass ein Anspruch auf einen Arbeitgeberzuschuss nach § 1a Abs. 1a BetrAVG frühestens zum 01. Januar 2022 besteht. Dies gilt auch, wenn – wie im entschiedenen Verfahren – die tarifvertragliche Regelung vor dem Inkrafttreten des BSRG, also in Unkenntnis des grundsätzlich vorgesehenen Anspruchs auf einen Arbeitgeberzuschuss geschaffen, die Zusage an den klagenden Versorgungsberechtigten allerdings später erst nach dem Inkrafttreten des BSRG erteilt wurde. Entscheidend ist für das BAG also augenscheinlich nicht der Zeitpunkt der individuellen Zusage und deren Erteilung, sondern der Zeitpunkt der zugrunde liegenden kollektiven Versorgungsordnung/-zusage.

In dem Parallelverfahren, in dem die tarifvertraglichen Regelungen von 2008 über einen Haustarifvertrag aus dem Jahr 2019 einbezogen worden waren, kam das BAG zu dem Ergebnis, dass auch über den 31. Dezember 2021 hinaus kein Anspruch auf den gesetzlichen Arbeitgeberzuschuss besteht. Der Verweis auf den Tarifvertrag von 2008 und die dort enthaltende von § 1a Abs. 1a BetrAVG abweichende Regelung, stellt nach Auffassung des 3. Senats eine abweichende tarifliche Regelung im Sinne von § 19 Abs. 1 BetrAVG dar. Nach dem Haustarifvertrag berechtigte Arbeitnehmer haben somit neben dem Altersvorsorgegrundbetrag keinen Anspruch auf einen zusätzlichen gesetzlichen Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung.

Was bedeutet das für die Praxis?
Zugegeben haben die Entscheidungen aufgrund der besonderen Konstellation und den entscheidenden tarifvertraglichen Regelungen nur begrenzt allgemeine Aussagekraft. Offengelassen hat das BAG beispielsweise, ob eine vor Inkrafttreten des BSRG geschaffene abweichende Regelung auch nach dem Inkrafttreten des BSRG weiterhin als eine Abweichung im Sinne von § 19 Abs. 1 BetrAVG darstelle, ohne dass die Tarifparteien diese Regelungen in Kenntnis des gesetzlich verpflichtenden Arbeitgeberzuschusses noch einmal „bestätigen“. Auch hat das BAG bislang versäumt, sich zu der spannenden Frage zu positionieren, ob durch eine Nichtanpassung eines vor dem Inkrafttreten des BSRG abgeschlossenen Tarifvertrages, der keine Regelung zu einem Arbeitgeberzuschuss aufgrund der Ersparnis von Sozialversicherungsbeiträgen enthält, auch nach Inkrafttreten des BSRG ein Anspruch auf den Zuschuss nach § 1a Abs. 1a BetrAVG ausgeschlossen werden kann. Kann auch das Nichthandeln von Tarifparteien deren Willen, eine gesetzlich zugelassene Abweichung zu vereinbaren, enthalten? Ebenfalls spannend bleibt auch die oft diskutierte Frage der Anrechnung von bestehenden Arbeitgeberzuschüssen auf den gesetzlichen Anspruch, die weiterhin nicht höchstrichterlich entschieden ist. Vielleicht geben die Entscheidungsgründe hierzu noch mehr her.

Trotzdem lässt sich aktuell schon folgendes festhalten:

  • Für die Frage ab wann ein Arbeitgeberzuschuss nach § 1a Abs. 1a BetrAVG zu zahlen ist, scheint es im Zusammenhang mit der Übergangsregelung in § 26a BetrAVG bei kollektiven Entgeltumwandlungsvereinbarungen auf den Zeitpunkt der kollektiven Zusage und nicht auf den Zeitpunkt der individuellen Entgeltumwandlungsvereinbarung mit den Arbeitnehmern anzukommen.

  • Enthalten nach dem Inkrafttreten des grundsätzlichen Anspruchs auf Zahlung eines gesetzlich verpflichtenden Arbeitgeberzuschusses geschaffene tarifliche Versorgungsordnungen hiervon abweichende Regelungen zu Arbeitgeberzuschüssen, so kann dies eine zulässige tarifvertragliche Abweichung darstellen, die einen Anspruch auf einen weiteren Arbeitgeberzuschuss ausschließt. Dies gilt auch für Verweisungen auf bereits vor dem Inkrafttreten des BSRG bestehende tarifliche Regelungen.

Letztlich kommt es aber, wie grundsätzlich im Bereich der betrieblichen Altersversorgung, weiterhin auf eine Bewertung der Versorgungszusagen und der entscheidenden Regelungen im Einzelfall an.

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